Die private und gesetzliche Pflegepflichtversicherung: Welche Besonderheiten gibt es?
Zum Jahresende 2023 gab es in Deutschland knapp 5,7 Millionen Pflegebedürftige. Die Pflegepflichtversicherung sichert eben diese Versicherten ab, die im Laufe ihres Lebens pflegebedürftig werden. Dabei gibt es jedoch einige Besonderheiten der Systeme zu beachten. Wie sich die Versicherungen unterscheiden und wie teuer sie sind, erklärt dieser Artikel.
ARTIKEL FACHLICH GEPRÜFTvon unseren PKV-Experten
Inhalt des Ratgebers
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Sowohl privat als auch gesetzlich Versicherte müssen eine Pflegepflichtversicherung haben
Solltest du später einmal pflegebedürftig sein, sichert dich die Pflegepflichtversicherung ab. Abhängig vom Pflegegrad, der zwischen 1 und 5 eingestuft wird, bietet sie unterschiedliche ambulante und stationäre Leistungen. Wie bei der Krankenversicherung kannst du deine Leistungen mit einer privaten Pflegezusatzversicherung erweitern.
Was ist eine Pflegepflichtversicherung?
Die 4 wichtigsten Fakten:
Die Pflegepflichtversicherung wurde 1995 eingeführt.
Sie ist ein eigenständiger Zweig der Sozialversicherung.
Sie soll das finanzielle Risiko bei Pflegebedürftigkeit minimieren – nicht nur im Alter.
Sowohl privat als auch gesetzlich Versicherte müssen eine Pflegepflichtversicherung haben.
Die Leistungen unterscheiden sich nicht, allerdings die Beiträge und Finanzierung der beiden Systeme.
PKV oder GKV? Welche Krankenversicherung passt zu dir? Alle Facts für dich transparent und verständlich zusammengefasst.
Welches System ist das richtige für dich? Alles was du zum Thema Krankenversicherung wissen musst.
Unterschiede zur Krankenversicherung
Die Pflegepflichtversicherung ist eng mit der Krankenversicherung verbunden. Trotzdem gibt es Unterschiede:
deckt die Kosten der Versicherten
Leistungen bei GKV und PKV unterscheiden sich
leistet Zuschüsse zu den Kosten für die Pflege
gleiche Leistungen bei GKV und PKV
Woran du neben der Pflege in Zukunft noch denken solltest
Wann wird eine Pflegepflichtversicherung gebraucht?
Du brauchst eine Pflegepflichtversicherung wenn du:
einen Wohnsitz in Deutschland hast
in Deutschland versichert bist
Eine Pflegepflichtversicherung ist gesetzlich vorgeschrieben.
Gibt es eine Pflegepflicht für Beamte und Beamtinnen?
Ja, es gibt eine Pflegepflicht für Beamte und Beamtinnen. Allerdings zahlen Beamte und Beamtinnen einen ermäßigten Tarif. Selbstständige erhalten keinen Arbeitgeberzuschuss.
Leistungen der Pflegeversicherung
Egal ob gesetzlich oder privat Pflegepflichtversichert, sowohl die Leistungen als auch die Wartezeiten sind identisch.
Wie hoch die Pflegeleistungen ausfallen, hängt von dem Grand der Pflegebedürftigkeit ab. Das heißt, desto höher der Pflegegrad, desto höher fallen auch die Leistungen aus.
Beide Versicherungssysteme unterscheiden zwischen ambulanten und stationären Leistungen, auch hier kommt es auf die Pflegebedürftigkeit an, ob die Unterbringung in einem Heim sinnvoller ist, als zu Hause.
Außerdem hat der Pflegebedürftige die Wahl, ob lieber Pflegesachleistungen oder ein Pflegegeld bezogen wird.
Was hat sich in der Pflege geändert?
Im Jahr 2024 gab es einige wichtige Änderungen im Bereich der Pflege:
Erhöhung der Pflegeleistungen: Die Pflegesachleistungen für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 oder höher wurden zum 1. Januar 2024 um 5 % erhöht. Eine weitere Erhöhung um 4,5% folgte zum 1. Januar 2025.
Pflegeunterstützungsgeld: Seit dem 1. Januar 2024 haben pflegende Angehörige Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld für bis zu zehn Arbeitstage pro Jahr und pflegebedürftiger Person.
Zuschüsse für die stationäre Pflege: Die Zuschüsse für die stationäre Pflege wurden ebenfalls angepasst.
Unterschiede der privaten und gesetzlichen Pflegeversicherung
Die Pflegepflichtversicherung „folgt“ der Krankenversicherung. Deine Krankenversicherung bietet dir also auch eine Pflegepflichtversicherung.
Gesetzliche Peflegeversicherung
Im Jahr 2023 gab es in der sozialen Pflegeversicherung in Deutschland rund 5,2 Millionen Leistungsempfänger und -empfängerinnen.
Damit du im Pflegefall abgesichert bist, bist du als gesetzlich Versicherter oder Versicherte automatisch pflegepflichtversichert. Für diesen gesetzlichen Schutz ist es unerheblich, ob du Student / Studentin oder Rentner / Rentnerin, familien-, pflicht- oder freiwillig versichert bist.
Wissenswertes
Selbstständige, die freiwillig gesetzlich versichert sind, können wie privatversicherte Personen eine private Pflegepflichtversicherung abschließen.
Voraussetzung: Um in die private Pflegeversicherung zu wechseln, musst du innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungsfreiheit einen Antrag stellen.
Kosten der Beiträge der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung:
Der Beitrag für die gesetzliche Pflegeversicherung wird anhand des Einkommens berechnet.
Zum 1. Januar 2025 stieg der Beitragssatz für die gesetzliche Pflegeversicherung um 0,2 Prozent.
Versicherte mit 1 Kind zahlen 3,6 % vom Bruttoeinkommen (weniger mit mehr Kindern). Kinderlose Versicherte zahlen einen Zuschlag von 0,6 % zusätzlich.
Damit ergeben sich folgende Beitragssätze für die Pflegeversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung:
4,20 % für Kinderlose
3,60 % mit einem Kind
3,35 % mit 2 Kindern
3,10 % mit 3 Kindern
2,85 % mit 4 Kindern
2,60 % mit 5 und mehr Kindern
Bei Angestellten übernimmt der Arbeitgeber etwa die Hälfte des Beitrags. Den Zuschlag für Kinderlose tragen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen allein.
Wie unterscheidet sich der Pflegebeitrag für privat und gesetzlich Versicherte?
Die allermeisten Privatversicherten zahlen weniger für die Pflegeversicherung als wenn sie gesetzlich versichert wären:
Privatversicherte Angestellte und Selbstständige zahlen durchschnittlich 104 Euro.*
In der Gesetzlichen zahlen diese ab 1. Januar 2025 etwa 231,50 Euro, wenn sie über der Beitragsbemessungsgrenze (2025: 5.512,50 Euro pro Monat) verdienen.**
*Der individuelle Beitrag kann davon abweichen. **Kinderlos, über 23 Jahre
Private Pflegeversicherung
Du musst selbst eine private Pflegepflichtversicherung abschließen. Der Anbieter kann deine private Krankenversicherung sein. Du kannst deine Pflegeversicherung innerhalb der ersten sechs Monate aber auch bei einer anderen privaten Krankenversicherung abschließen.
Wie hoch sind die Beiträge zur privaten Pflegepflichtversicherung?
Bei der Berechnung der Beiträge zur privaten Pflegeversicherung zählt das individuelle Versicherungsrisiko. Zudem werden Alterungsrückstellungen gebildet. Auch Privatversicherte erhalten einen Zuschuss vom Arbeitgeber – dieser ist so hoch wie in der gesetzlichen Pflegeversicherung, maximal übernimmt der Arbeitgeber die Hälfte des Beitrags.
Wann kommt es zu Beitragssteigerungen in der privaten Pflegeversicherung?
Überschreiten die tatsächlichen Leistungsausgaben in der privaten Pflegepflichtversicherung die kalkulierten Beitragsausgaben um 5 Prozent, müssen die Beiträge angepasst werden. Dafür kann es verschiedene Gründe geben:
1. Ausweitung der Pflegeleistungen:
Werden Leistungen für eine bessere Pflegeversorgung ausgeweitet oder Zuschüsse erhöht, kann es ebenso wie in der Sozialen Pflegeversicherung auch in der privaten Pflegepflichtversicherung zu Beitragserhöhungen kommen, da es im Pflegefall höhere Leistungen gibt.
Zuletzt kam es durch die beiden gesetzlichen Pflegereformen - das „Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz“ sowie das „Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz“ - zu einem größeren Leistungsumfang in der Pflegeversorgung.
Pflegebedürftige werden seit 2022 von steigenden Zuzahlungen für die Pflege im Heim entlastet und Pflegekräfte sollen künftig flächendeckend nach Tarif bezahlt werden. Reformen, die so positiv sie auch sind, Geld kosten. Zusätzliche 150 Millionen Euro pro Jahr.
Allerdings werden in der sozialen Pflegeversicherung (SPV) diese Kosten durch Steuermittel zum Teil aufgefangen, während die private Pflegepflichtversicherung (PPV) die Mehrkosten durch Beiträge ihrer Versicherten decken muss.
2. Anstieg der Pflegebedürftigen
Des Weiteren steigt auch die Zahl der Empfangsberechtigten von Jahr zu Jahr an, es gibt also immer mehr Pflegebedürftige, die Leistungen aus den Pflegeversicherungen erhalten, was zu Beitragserhöhungen führen kann.
Die Zahl der Leistungsempfänger ist in der gesamten Privaten Pflegepflichtversicherung (PPV) auch aufgrund von Pflegereformen von rund 169.000 Personen im Jahr 2014 auf rund 311.000 (2022) gestiegen, also um mehr als 84 Prozent. Die Leistungen der PPV stiegen im selben Zeitraum von rund 880 Millionen Euro auf über 2,1 Milliarden Euro, haben sich also weit mehr als verdoppelt.
Es ist zu erwarten, dass die Zahl der Leistungsempfänger in der privaten Pflegeversicherung seitdem weiter gestiegen ist, jedoch sind genaue Zahlen derzeit noch nicht verfügbar.
3. Höhe der Zinseinnahmen
Auch die Höhe der Zinseinnahmen hat einen Einfluss auf die Höhe der Beiträge. Denn die Private Pflegepflichtversicherung bildet für die im höheren Alter absehbar steigenden Pflegeleistungen eine kapitalgedeckte Vorsorge, die sogenannten Alterungsrückstellungen. Diese werden bei jeder Beitragsanpassung überprüft und die Beiträge gegebenenfalls an ein neues Zinsniveau angepasst.
Steigen die Beiträge der Pflegepflichtversicherung im Alter?
Damit die Kosten später nicht unermesslich steigen, werden in der privaten Pflegepflichtversicherung mit den Beiträgen auch Altersrückstellungen gebildet. Diese sind ein finanzielles Polster für später, um das steigende Pflegerisiko auszugleichen und Beitragssteigerungen abzufedern. Denn je älter du wirst, desto wahrscheinlicher ist es, dass du Leistungen der Pflegepflichtversicherung in Anspruch nehmen musst.
Durch die oben genannten Gründe wie Leistungsausweitungen, Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen oder das Zinsniveau, kann trotzdem nicht ausgeschlossen werden, dass die Beiträge später steigen.
Kontrahierungszwang
Eine Besonderheit in der privaten Pflegepflichtversicherung ist der Kontrahierungszwang: Jeder Antragsteller hat ein Recht auf Aufnahme, Vorerkrankungen sind kein Ausschlusskriterium und die Krankenversicherung darf keine Kündigung aussprechen. Außerdem sind Kinder wie in der GKV beitragsfrei mitversichert.
FAQs
Die Pflegepflichtversicherung sichert dich ab, solltest du pflegebedürftig werden. Sie leistet dann Zuzahlungen zu deinen Pflegekosten.
Wie bei der Krankenversicherung besteht auch bei der Pflegepflichtversicherung eine Versicherungspflicht in Deutschland. Jeder muss deshalb eine Pflegepflichtversicherung haben.
Versicherte, die bereits stationäre Pflegeleistungen erhalten, und Kinder bis maximal 25. Bist du in Deutschland privat krankenversichert und lebst im Ausland, werden ebenfalls keine Beiträge fällig.
Es gibt die Pflegekostenversicherung, die Pflegerentenversicherung und die Pflegetagegeldversicherung. Sie unterscheiden sich in den Auszahlungsbedingungen und in den Kosten. Eine besonders flexible und dabei günstige Variante ist die Pflegetagegeldversicherung.
Beim Pflegetagegeld handelt es sich um eine private Versicherung, die dem Versicherten/der Versicherten einen bei Vertragsschluss fest vereinbarten Tagessatz zahlt, falls eine Pflegebedürftigkeit entsteht. Die Höhe des Pflegetagegeldes wird anhand des Grades der Pflegebedürftigkeit berechnet.
Das vereinbarte Pflegetagegeld wird unabhängig von tatsächlichen Ausgaben gezahlt. Du kannst es also frei verwenden, zum Beispiel für eine Haushaltshilfe. Die Beiträge richten sich wie in der privaten Krankenversicherung nach deinem Risiko, deshalb ist eine Gesundheitsprüfung erforderlich.
Pflegebedürftigen, die sich zu Hause versorgen lassen und einen Pflegegrad haben, stehen sogenannte zusätzliche Entlastungs- und Betreuungsleistungen zu. Darunter versteht man Angebote, die die Pflegebedürftigen auf unterschiedliche Art und Weise entlasten oder ihnen Unterhaltung bieten.
Typische Betreuungsleistungen sind:
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Beschäftigung für Demenzkranke
Entlastung von Angehörigen
Damit die Pflegeversicherung die Betreuungsleistungen zu Hause übernehmen kann, müssen Rechnungen und Belege zunächst selbst gezahlt, gesammelt und dann eingereicht werden. Auf Antrag können auch Pflegebedürftige im Pflegeheim Betreuungsleistungen nutzen; diese werden dann direkt durch die Einrichtung mit der Pflegekasse abgerechnet.
HIER SCHREIBTMarie-Theres Rüttiger
Marie-Theres ist Online Redakteurin für Gesundheits- und Versicherungsthemen bei ottonova. Sie konzipiert den Redaktionsplan, recherchiert und schreibt vor allem über (E-)Health und Innovation, die das Leben besser machen.