Die Corona-Krise in China wirft die Frage auf: Wie steht es um das chinesische Gesundheitswesen? Welche Besonderheiten das Gesundheitssystem dort hat, was es mit dem Gesundheitssystem in Japan gemein hat und was wir hier in Deutschland davon lernen können.
ARTIKEL FACHLICH GEPRÜFTvon unseren PKV-Experten
Inhalt des Ratgebers
Als im Jahr 2003 die durch Coronaviren ausgelöste SARS-Pandemie die ganze Welt in Atem hielt, stand Chinas Gesundheitswesen schlagartig im Fokus der Öffentlichkeit. Innerhalb weniger Wochen breitete sich die Krankheit von China über den gesamten Globus aus. Auch 2020 ist China das Ursprungsland eines neuartigen Coronavirus, das zum ersten Mal in der Metropolregion Wuhan auftrat, in der fast 11 Mio. Menschen leben.
Die rasante Verbreitung solcher Krankheiten unterstreicht die Wichtigkeit eines gut funktionierenden Gesundheitssystems – gerade im Milliardenland China. Wir zeigen dir, welche Aufgaben noch vor dem chinesischen Gesundheitssystem liegen, wie weit die Digitalisierung im Gesundheitswesen dort vorangeschritten ist und wie sich der kleinere Nachbar Japan im Vergleich dazu schlägt.
Alle Standardimpfungen im Überblick
Lade die jetzt unseren Impfkalender herunter und überprüfe wann und ob du deine Standardimpfungen auffrischen lassen solltest.
Fast geschafft!
Überprüfe jetzt dein E-Mail-Postfach und bestätige noch deine E-Mail-Adresse, um dein kostenloses PDF zu erhalten!
Rund 1,4 Mrd. Menschen leben in China, welches damit gemeinsam mit Indien zu den bevölkerungsreichsten Ländern der Erde zählt. In China ticken die Uhren etwas anders, auch, was die Medizin betrifft. Die traditionelle chinesische Medizin, die sich in der langen Geschichte des Landes entwickelt hat, hat bis heute einen festen Platz in der Gesundheitsversorgung.
Besonders Mitte des 20. Jahrhunderts waren es die sogenannten Barfußärzte, die in traditioneller chinesischer Medizin ausgebildet waren und mit ihrem Wissen die Gesundheitsversorgung in ländlichen Gebieten aufrechterhielten. Im Laufe der Zeit verschwanden die Barfußärzte dann allerdings allmählich – und damit auch der für viele auf dem Land lebenden Menschen einzige Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Wer sich heute in China behandeln lassen will, geht in der Regel direkt ins Krankenhaus: 90 % aller Behandlungen finden in chinesischen Kliniken statt. Chinas Gesundheitswesen besteht vor allem aus Krankenhäusern und Facheinrichtungen, die sich die Basisbetreuung einerseits und spezielle Fälle andererseits teilen sollen. Ländliche Regionen sind im Gegensatz zu urbanen Gegenden oft noch unterversorgt. Auf der anderen Seite herrscht in städtischen Krankenhäusern oftmals Ärztemangel.
Ist ein Arzt gefunden, wartet am Ende der Behandlung die Rechnung. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt zwar einen Teil der Gesundheitskosten, die Höhe der Erstattung hängt allerdings von verschiedenen Faktoren ab und einen großen Teil müssen die Patienten oft selbst zahlen – im Schnitt etwa 30 %. Immerhin haben mittlerweile 95 % aller Chinesen eine Grundversorgung, die jedoch nicht einheitlich geregelt ist: Es gibt allein drei verschiedene gesetzliche Krankenversicherungssysteme.
PKV oder GKV? Welche Krankenversicherung passt zu dir? Alle Facts für dich transparent und verständlich zusammengefasst.
Welches System ist das richtige für dich? Alles was du zum Thema Krankenversicherung wissen musst.
Neustart im Gesundheitssystem: China setzt auf Reformen und Start-ups
Viele Hürden, die heute noch im Weg zu einer umfassenden Gesundheitsversorgung stehen, sollen nun nach und nach abgebaut werden. Dafür hat die Regierung der Volksrepublik China in den letzten Jahren Reformen auf den Weg gebracht, um allen Chinesen den Zugang zu einer gesundheitlichen Grundversorgung zu ermöglichen. Auslöser dafür war derAusbruch des Sars-Virus im Jahr 2003. Dass die Reformierung des Gesundheitssystems Chinas noch längst nicht abgeschlossen ist, zeigt sich während des erneuten Ausbruchs eines Coronavirus im Jahr 2020.
Unter dem Titel „Gesundes China 2030“ hat sich die Regierung im Jahr 2016 dazu verpflichtet, mehr Geld in den Gesundheitsmarkt zu investieren, den Zugang zu medizinischer Versorgung insbesondere auf dem Land zu verbessern und die Patienten finanziell zu entlasten. So soll die Gesundheit in China langfristig verbessert werden. Auch wenn die Volksrepublik China in einigen Bereichen als restriktiv gilt, ist sie der Digitalisierung gegenüber positiv eingestellt. So unterstützt die Regierung Digital-Health-Projekte und Start-up-Inkubatoren. Mit gelockerten Regeln für Telemedizin will die Regierung außerdem die Chancen der Digitalisierung für den ländlichen Raum nutzen – und ist damit fortschrittlicher als Deutschland.
Unterstützung bekommt das Gesundheitssystem Chinas auch von Unternehmen: Der eCommerce-Riese Alibaba bietet seinen Nutzern beispielsweise eine private Krankenversicherung, wenn sie seinen Bezahldienst nutzen. Daneben bietet das Unternehmen seinen Kunden eine Plattform für Medikamente und Online-Sprechstunden mit Ärzten an.
Auch das chinesische Internetunternehmen Tencent hat gesundheitsbezogene Produkte und Dienstleistungen im Angebot. 2019 wagte es einen Vorstoß in Richtung KI-basierte Diagnostik. Neben den KI-Services in Krankenhäusern bietet das Unternehmen weitere Online-Dienste für Patienten an.
SHARE
Die rasante Verbreitung von Coronaviren unterstreicht die Wichtigkeit eines gut funktionierenden Gesundheitssystems
Gesundheitssystem Japan – ein Ausflug zur Nachbarinsel
Auch im nicht weit entfernten Japan ist Digitalisierung ein zentrales Element der Entwicklungen im Gesundheitssystem. Die Herausforderungen und Strukturen des japanischen Gesundheitssystems haben Gemeinsamkeiten mit Chinas Gesundheitswesen, aber auch mit unserem.
So stellen der demografische Wandel und die hohe Lebenserwartung der Japaner besonders die älteren Patienten in den Fokus des Gesundheitswesens. Die Patienten in Japan sind im Krankheitsfall bestens versorgt – wie in Deutschland besteht auch dort eine Versicherungspflicht.
Bismarck und die Krankenversicherung in Japan
Das deutsche Sozialversicherungssystem, das auf Otto von Bismarck zurückgeht, war Vorbild für Japans eigenes Sozialsystem. Während du aber in Deutschland die Wahl hast, ob du dich privat oder gesetzlich versichern möchtest, wird den Japanern die Entscheidung abgenommen: Sie haben keine Wahlfreiheit, sondern sind über ihren Arbeitgeber oder den Staat in einer Art Bürgerversicherung abgesichert.
Eine Gemeinsamkeit, die die beiden asiatischen Länder und Deutschland verbindet, ist der Selbstbehalt: Japaner müssen ihn wie die Chinesen immer zahlen – auch in Japan liegt er bei etwa 30 %. Hierzulande musst du ihn zwar nicht für jede Gesundheitsleistung und für jeden Arztbesuch zahlen; trotzdem ist das Konzept gerade in der privaten Krankenversicherung und bei Rezepten in der gesetzlichen Krankenkasse auch in Deutschland bekannt.
SHARE
Was kostet Gesundheit in Japan und China?
Die Patientenversorgung erfolgt in Japan ähnlich wie beim großen Nachbarn China überwiegend in Krankenhäusern. Auch auf der asiatischen Insel lässt die Versorgung außerhalb von Städten noch immer zu wünschen übrig. Allerdings investiert Japan im Verhältnis viel mehr in sein Gesundheitssystem als die Volksrepublik: So lagen die Pro-Kopf-Ausgaben 2016 bei rund 4.000 $ in Japan und bei nur knapp 400 $ in China (umgerechnet rund 3.600 und 360 €).
Die hohen Ausgaben in Japan hängen unter anderem mit der alternden Bevölkerung zusammen. Um mehr Effizienz in das System zu bringen, ist auch der Inselstaat offen gegenüber digitalen Projekten im Gesundheitswesen. Ein aktueller Report des Hasso-Plattner-Instituts aus dem Jahr 2019 stellt verschiedene Initiativen vor, mit denen Japan sich der Digitalisierung im Gesundheitswesen und insbesondere in der Versorgung älterer Patienten zunehmend öffnet. Demnach sieht die japanische Regierung den demografischen Wandel „als transformative Chance, um ein patientenorientiertes Gesundheitssystem für die Zukunft zu schaffen“.
Vorbilder suchen und den Menschen in den Mittelpunkt stellen
Das Fazit: Deutsche Unternehmen können von der Aufbruchsstimmung in Japan und auch in anderen asiatischen Ländern profitieren und Kooperationen mit dort ansässigen Unternehmen eingehen. Beispiele für internationale Zusammenarbeit, von der mehr als nur ein Land profitiert, ist etwa eine Kooperation zwischen der Technischen Universität Darmstadt und Partnern aus Japan und Kanada. Gemeinsam haben sie eine Möglichkeit gefunden, sensible Gesundheitsdaten jahrzehntelang sicher zu speichern.
Dabei kommt eine Technologie zum Einsatz, die Secret Sharing heißt. Der originale Datensatz wird so auf verschiedene Server aufgeteilt, dass die Einzelteile keinen Sinn mehr ergeben. Erst die richtige Kombination von genügend Teilen ergibt am Ende wieder den Originaldatensatz einer Patientenakte.
So unterschiedlich die Gesundheitssysteme weltweit sind, so ähnlich sind ihre Herausforderungen. Am Ende steht der Mensch im Mittelpunkt – und mit ihm sein Wunsch nach einem langen und gesunden Leben.
Die politischen Systeme Chinas und Japans sind zwar sehr unterschiedlich, doch in ihrem Gesundheitswesen steuern beide Länder aktuell auf das gleiche Ziel zu: E-Health erfolgreich in ihr Gesundheitssystem zu integrieren und abgeschieden lebende Menschen ebenso wie immer älter werdende Patienten bestmöglich zu versorgen. Von diesen Bestrebungen kann auch Deutschlands Gesundheitssystem noch viel lernen.
HIER SCHREIBTSabrina Quente
Sabrina ist freie Autorin für Versicherungs- und Digitalisierungsthemen. Sie war Redakteurin bei Fachzeitschriften und lernte als Content Editor bei ottonova die vielen Facetten der Versicherungswelt kennen.