Onlinefasten ohne Jojo-Effekt: So klappt’s mit Media Detox
Viele, die zu oft am Smartphone kleben, klagen über Stresssymptome: Erschöpfung, Schlaflosigkeit, mangelnde Konzentration. Kann Media Detox, eine radikale Online-Entgiftungskur, die Lösung sein?
Inhalt des Ratgebers
Hand aufs Herz: Wie oft hast du heute auf dein Handy geschaut? Zuallererst morgens, als der Wecker klingelte? Dann hast du vermutlich schnell ein paar E-Mails gecheckt, in den Nachrichten gebannt die neuesten Auswüchse des Trump’schen Politspektakels verfolgt und auf dem Weg in die Arbeit fix organisiert, wer den Sohnemann später vom Fußball abholt. Anschließend ging es mit Google Maps zum Kundentermin.
Wenn du einmal mitzählst, dann dürftest du auf etwa 80 Handyinteraktionen kommen – so oft entsperrt der Durchschnittsnutzer Untersuchungen zufolge nämlich pro Tag sein Smartphone. Eben dieser durchschnittliche Nutzer starrt tagtäglich 3,25 Stunden gebannt auf den Handybildschirm. Tendenz steigend. Allein die Tatsache, dass die Schlüsselwörter „Handysucht“ und „Handysucht Test“ in Deutschland monatlich tausende Male gegoogelt werden, spricht eine deutliche Sprache. Was ist es, das die Nutzer so ans Smartphone fesselt?
Hirnforscher an der Medienambulanz der Bochumer Klinik haben auf diese Frage eine Antwort gefunden. Sie bewiesen, dass beim Posten und Chatten Wohlfühlregionen im Gehirn angeregt werden. Die gleichen wie beim Sex. Auch gesellschaftlicher Druck treibt uns ans Handy: immerhin erwarten 57 Prozent der Smartphone-Nutzer auf ihre Nachrichten eine sofortige Reaktion. Und nicht zuletzt greifen viele aus Langeweile zu ihrem Smartphone.
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Bei Berufstätigen kommt ein anderer Faktor hinzu. Viele plagt die Angst, nicht genug Engagement zu zeigen, Kunden zu verärgern oder einen neuen Auftrag zu verpassen, wenn sie das Handy abends abschalten. Klar, die Flexibilität moderner Arbeitsmodelle hat Vorteile – doch eine Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov belegt, dass die ständige Erreichbarkeit von einem Drittel der Befragten inzwischen als „eher“ oder „sehr belastend“ empfunden wird.
Diesem Bewusstsein folgen erste Resultate: In einer Deloitte-Studie gaben 46 % der Befragten an, bereits versucht zu haben, ihr Handy weniger zu nutzen. Auch von einem gesundheitlichen Standpunkt aus betrachtet gibt es dafür gute Gründe. Längst wurde eine exzessive Handynutzung oder Handysucht nämlich mit allerlei psychischen Beschwerden in Verbindung gebracht.
Psychische Beschwerden bei Handysucht
Schlafstörungen – Untersuchungen legen nahe, dass das blaue Licht des Handyscreens die Produktion des Hormons Melatonin beeinflusst, das den Schlaf-Wach-Zyklus reguliert
Depressionen – hier steigt das Risiko an Depressionen zu erkranken mit einer übermäßigen Nutzung beim Chatten oder auf Social-Networking-Sites wie Facebook oder Instagram
Konzentrationsstörungen und mangelnde Gedächtnisleistung – verantwortlich hierfür ist vor allem das Multitasking, der ständige Wechsel zwischen unzusammenhängenden Aufgaben, die den High-Tech-Prozessor im Hirn gnadenlos überfordern
Die Lösung – Digital Detox?
Sozialen Netzwerken den Rücken kehren. Einfach mal nicht erreichbar sein. Wonach sich immer mehr Menschen sehnen, hat die Unternehmerin Arianna Huffington vorgemacht. Obwohl sie die heutige Technologie schätze, habe die ständige Erreichbarkeit bei ihr zu Stress und Burnout geführt, erklärte die langjährige Huffington-Post-Chefin im Juli 2018 dem Handelsblatt. Heute lehrt Huffington, die Erfinderin einer Digital Detox App, Unternehmen einen gesünderen und bewussteren Umgang mit Technologie.
Doch: Was ist Digital Detox denn jetzt eigentlich? Und wie funktioniert das?
Was mit so klangvollen Namen wie Medienfasten, Online Detox oder digitaler Enthaltsamkeit umschrieben wird, ist im Grunde ganz einfach.
Digital Detox bezieht sich auf eine Zeitperiode, in der du auf internetfähige Geräte wie Smartphones, Tablets oder dein Laptop verzichtest. Wo Digital Detox mit einer strengen Fastenkur vergleichbar ist, beschreibt Social-Media-Detox sozusagen die „Light-Version“ – hier verordnest du dir lediglich eine Abkehr von sozialen Netzwerken. Die Hoffnung hinter Social-Media-Detox und Co. liegt in einer digitalen „Entgiftung“, in der Reduktion von Stresshormonen im Körper, mehr Entspannung, Konzentration, Lebensqualität.
Online Detox: In 5 Schritten zum Erfolg
Machen wir Nägel mit Köpfen – du willst deine Handysucht bekämpfen und den Takt deines Lebens nicht mehr deinem Smartphone überlassen! Gut, dass du dich hier auf ein paar bewährte Methoden aus dem analogen Fasten verlassen kannst. Und schon geht es abwärts mit den Stresshormonen.
Die richtige Vorbereitung Lege dir Rahmenbedingungen für deine digitale Fastenkur fest: Wie lange soll sie dauern, worauf willst du verzichten? Versuchst du es mit einer radikalen Digital Detox Kur oder reicht es dir, Instagram und Facebook zu meiden?
Commitment zeigen Social-Media-Detox soll es also sein – gute Wahl! Jetzt heißt es, so vielen wie möglich von deinen Detox-Plänen zu erzählen. Anderenfalls wirst du höchstwahrscheinlich weiterhin mit Nachrichten bombardiert. Außerdem provozierst du den Unmut deiner Freunde und Kollegen, die vergeblich auf Antwort von dir warten. Also: Verfasse eine eindeutige Statusmeldung bei WhatsApp, Facebook und Co. Du bist jetzt erstmal offline! Mit dieser Ankündigung verpflichtest du dich zudem, die Phase durchzuhalten. Postest du wider Erwarten auf Instagram, kann jeder sehen, dass du deinen Vorsatz gebrochen hast.
Der Versuchung widerstehen Die ersten paar Tage deiner Detox-Phase sind großartig, während deine Kollegen alle fünf Minuten aufs Handy stieren, fühlst du dich frei. Plötzlich hast du massenhaft Zeit für all die Dinge, die du schon immer mal machen wolltest. In aller Ruhe die Biographie von Elon Musk lesen. Deinen antiken Schreibtischstuhl restaurieren. Herrlich! Doch irgendwann wirst du nervös – gibt es doch so vieles, was du möglicherweise verpasst! Jede Wartezeit an der U-Bahn wird zäh wie Leder – warum also nicht einen kleinen Blick auf Facebook riskieren? Für kleine Momente der Schwäche gibt es Apps wie Offtime. Über die Dauer eines von dir festgelegten Zeitraums blockiert die App Benachrichtigungen, Anrufe und limitiert deinen Zugriff auf andere Anwendungen – wie etwa deine sozialen Netzwerke.
App: Offtime für Android
Wann immer und so lange du willst, blockiert Offtime störende Benachrichtigungen und Anrufe, damit du richtig abschalten kannst.
Den Jojo-Effekt umgehen Zwei Wochen sind um und dein Durst nach Neuigkeiten kaum zu bändigen. Doch bevor du wie wild deine Social-Media-Kanäle durchforstest, um herauszufinden, was du verpasst hast, nimm dir einen Moment. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mit dieser Handynutzungs-App gibst du dem digitalen Jojo-Effekt keine Chance. Moment misst, wie viel Zeit du täglich am Smartphone verbringst, liefert dir ein detailliertes Bild von deinem Nutzungsverhalten und hilft dir, deinen digitalen Konsum langfristig umzustellen.
App: Moment
Diese App zeigt dir die ungeschönte Wahrheit und misst, wie viel Zeit pro Tag du mit deinem Handy verbringst. So weißt du, wie viel Digital Detox nötig ist.
Sich auch mal was gönnen Zu guter Letzt – sei nicht zu streng mit dir. Jeder weiß, dass das, was man nicht haben kann, einen besonderen Reiz ausübt. Erlaube dir also, auch mal nach Herzenslust auf Instagram zu sein – in Maßen, versteht sich.
Bist du reif für die Social-Media-Detox?
Nicht jeder, der sein Smartphone oft benutzt, ist automatisch handysüchtig. Handys erleichtern das Leben in vielerlei Hinsicht. Doch wie so oft macht die Dosis das Gift. Wenn du ständig am Bildschirm klebst, der Daumen vom Wischen und Tippen schon ganz wund, bist du eindeutig reif für eine digitale Entzugskur. Doch auch gemäßigten Handynutzern verspricht das Medienfasten Vorteile.
Du hörst auf, dich zu vergleichen – das hebt die Stimmung
Du gibst weniger von dir preis – und schützt deine Privatsphäre
Du bist achtsamer im Umgang mit deiner realen Umwelt – das macht zufriedener
Du hast mehr Freizeit – und bist ausgeglichener
Fazit: Die Social-Media-Detox ist kein Muss, aber sie hilft, den Stress des Alltags zu reduzieren und sich wieder auf die wesentlichen Dinge des Lebens zu konzentrieren. Sinnvoller als ein Radikalentzug ist jedoch, die Smartphone-Nutzung dauerhaft einzuschränken.
HIER SCHREIBTMarie-Theres Rüttiger
Marie-Theres ist Online Redakteurin für Gesundheits- und Versicherungsthemen bei ottonova. Sie konzipiert den Redaktionsplan, recherchiert und schreibt vor allem über (E-)Health und Innovation, die das Leben besser machen.