New Work: 5 Schlüsselantworten zur Arbeit von morgen
Home Office, Remote Work, Vertrauensarbeitszeit – die Arbeitsmodelle der Zukunft kehren dem 9-to-5-Job den Rücken zu. Was hat es mit dem New-Work-Konzept auf sich, das Sinnhaftigkeit im Job verspricht und zugleich die Linie zwischen Beruflichem und Privatem verschwimmen lässt? Wir beantworten 5 essentielle Fragen.
Inhalt des Ratgebers
Mitarbeiter, die arbeiten, wann und wo sie wollen – im hippen Großraumbüro fläzend, im Home-Office, in einer Hängematte auf Hawaii. Kollegen, die sich gemeinsam anspruchsvollen und sinnstiftenden Themen widmen. In den Achtzigerjahren als Utopie konzipiert, klingt das New-Work-Konzept inzwischen wie ein ziemlich realistischer Trend aus dem Silicon Valley. Denn erstmals bestehen in unserer Arbeitswelt die technologischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, um die von Philosoph Frithjof Bergmann erdachte New-Work-Utopie Realität werden zu lassen.
#1: Was ist New Work eigentlich?
Definition:New Work beschreibt einen epochalen Umbruch in der Arbeitswelt der globalen und digitalen Gesellschaft. Den Ansatzpunkt dafür bildet die Frage nach wahrer Sinnhaftigkeit und kreativer Selbstentfaltung im Beruf, die mit einer Abkehr von der leistungsgetriebenen Kapitalwirtschaft einhergeht.
Als alternatives Arbeitsmodell wurde das New-Work-Konzept in den frühen Achtzigerjahren von dem österreichisch-amerikanischen Philosophen Frithjof Bergmann entwickelt. Statt einfacher Lohnarbeit im kapitalistischen System stellte Bergmann die Werte Freiheit, Selbstbestimmung und Teamgeist in den Fokus. Die moderne Arbeitswelt sollte Arbeitnehmern die Möglichkeit zur freien Entfaltung ihres Potenzials, ihrer Kreativität und ihrer Persönlichkeit bieten, wodurch diese wiederum einen größeren Beitrag zum Arbeitsmarkt leisten würden.
Wer ist Frithjof Bergmann?
Geboren am 24. Dezember 1930 in Sachsen
Zog mit 19 in die USA und studierte Philosophie
Beschäftigt sich seit den 1970er Jahren mit New Work und gilt als ihr Begründer
Seiner Ansicht nach soll „neue Arbeit“ zu gleichen Teilen bestehen aus: „smart consumption“, „High-Tech-Self-Providing“ und „Arbeit, die man wirklich, wirklich will“
Während Bergmann mit seinem Modell damals lediglich ein kleines Fachpublikum erreichte, hat sich im Zeitalter von Digitalisierung und Globalisierung eine regelrechte New-Work-Bewegung gebildet.
#2: Woher kommt der Megatrend New Work?
Die Arbeitswelt von heute befindet sich in einer gigantischen technologischen und gesellschaftlichen Transformation, nämlich auf direktem Weg zur Digitalisierung unserer Industrie- zur Wissensgesellschaft. Der digitale Fortschritt verändert Berufsbilder, technische Errungenschaften ermöglichen völlig neue, flexible Arbeitsweisen. Die zunehmende Globalisierung verstärkt den Trend zugleich: Unternehmen arbeiten immer globaler, während fähige Fach- und Führungskräfte gleichzeitig rar werden. Und auch die Mentalität von Arbeitnehm rn ändert sich: Mehr denn je stehen bei den Generationen Y und Z Flexibilität und Work-Life-Balance im Vordergrund.
Um den Schritt in ein neues Zeitalter zu meistern, müssen Unternehmen nicht nur ihre Denkweise, sondern auch traditionelle Arbeitsstrukturen anpassen. In diesem Sinne ist New Work ein Werkzeug, mit dem Unternehmen den Veränderungen der Arbeitswelt begegnen und ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit sichern können.
#3: Wie verändert New Work die Arbeitsweise von Angestellten und Unternehmen?
New Work verlangt nicht nur nach sinnhaften Tätigkeiten, die die persönliche Weiterentwicklung fördern. Sie geht zudem von einer vollständigen Neuorganisation von Arbeitsweisen aus.
Die ideale Arbeitswelt von New Work:
Projektbasiert: Aufgaben sind nicht mehr an einzelne Abteilungen gebunden. Stattdessen werden die Mitarbeiter, deren Kenntnisse am besten für eine Aufgabe geeignet sind, in Projektteams eingeteilt.
Perspektivenreich: Statt in homogenen Teams und Abteilung zu arbeiten, setzt New Work auf Diversität. Dynamische Teams, die sich aus Mitarbeitern unterschiedlicher Kulturen, Religionen, Geschlechter, Sexualitäten oder Altersstufen zusammensetzen, arbeiten nachweislich effektiver und erfolgreicher.
Agil: Die moderne Arbeitswelt verlangt schnelle Entscheidungsprozesse und ständige Optimierung. Um das zu erreichen, müssen Unternehmen flache Hierarchien etablieren und agile Methoden anwenden. Bestes Beispiel dafür: Scrum. Die Vorgehensweise zerlegt Projekte in kleine, weniger komplexe Bestandteile und setzt dabei auf kurze Iterationen und Lernschleifen. So lässt sich ein Plan, Produkt oder Prozess kontinuierlich anpassen und verbessern.
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Selbstbestimmt: Mitarbeiter entscheiden selbst, wann und wo sie arbeiten, um optimale Ergebnisse zu erzielen – ob das um 6 Uhr morgens ist oder remote von einer tropischen Insel aus. Auch können Mitarbeiter ihre Lernziele selbst festlegen oder einen Teil ihrer Arbeitszeit in eigene Projekte stecken.
Flexibel: Work-Life-Balance ist gerade den Generationen Y und Z wichtig. Deshalb ist New Work auf ortsunabhängiges Arbeiten, Home-Office-Möglichkeiten und flexible Arbeitszeiten ausgerichtet. Auch Dinge wie Job-Rotation oder abwechslungsreiche Arbeitsaufgaben gehören dazu.
Nachhaltig: New Work legt einen großen Wert auf Ressourcenschonung. So haben viele moderne Unternehmen, die sich an New Work orientieren, Papier im Büro weitgehend abgeschafft. Sie sponsern Tickets für den öffentlichen Nahverkehr oder belohnen Mitarbeiter, die ins Büro radeln oder joggen.
Exkurs: Wie sieht das Büro der Zukunft aus?
Mit dem Aufbrechen klassischer Arbeitsstrukturen ändern sich auch die Anforderungen an die Büroinnenräume. So versteht New Work das Büro der Zukunft nicht nur als Arbeitsplatz, sondern als einen Ort der sozialen Interaktion. Ausgerichtet auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter schafft es ein Wohlfühlumfeld, in dem Teams produktiv arbeiten können.
Das Büro der Zukunft schafft Dynamik für unterschiedliche Arbeitssituationen, etwa durch
Freie Platzwahl statt zugewiesener Schreibtische.
Viel Raum für persönliche und formelle Kommunikation. Dazu gehören neben Meeting-Räumen auch Gemeinschaftsflächen wie eine gemütliche Kaffeeküche.
Rückzugsorte für Mitarbeiter, zum Beispiel Telefonkabinen oder abgeschottete Ecken für einen Power Nap.
Kreativequipment, etwa Tafeln, Marker, Bausteine,
Pflanzen und natürliches Licht, denn das sind der Studie „Global Impact of Biophilic Design in Workplace“ zufolge die wichtigsten Elemente, die sich Mitarbeiter im Büro wünschen. 32 % der Befragten fühlten sich von Pflanzen im Büro inspiriert, bei 15 % wirkten sich Pflanzen sogar auf ihre generelle Zufriedenheit aus.
#4: Mehr Freiheit oder Vermischung von Freizeit und Arbeit? Was bringt New Work wirklich?
Nicht jeder weiß es zu schätzen, dass durch die Flexibilität neuer Arbeitsmodelle die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Mit der Aufweichung fester Strukturen, etwa beim Video-Call aus der Hängematte auf Hawaii, dringt die Arbeit unweigerlich ins Privatleben ein. Die Frage ist: Beschneidet das nicht eher die persönliche Freiheit? Drohen hier auf lange Sicht nicht Stress, Kopfschmerzen, Belastungsstörungen? Könnte es in Freizeitstress ausarten, wenn man versucht, den unklar umrissenen Arbeitsalltag auch noch mit Freizeitaktivitäten vollzupacken?
Frithjof Bergmann selbst plädiert für einen Perspektivwechsel. Ja, New Work bedeutet eine verwischte Grenze zwischen zwei Lebensbereichen. Doch wenn man „Freiheit“ als die Chance betrachtet, etwas Sinnstiftendes zu tun, ändert sich auch das Verständnis von Arbeit. Plötzlich wird sie zu einer Tätigkeit, die das Leben bereichert und Mitarbeiter ihren persönlichen Zielen näherbringt.
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#5: Realität, Zukunftsmusik oder Utopie – wie wahrscheinlich setzt sich New Work durch?
Das New-Work-Konzept von Bergmann fußt auf einem ganzheitlichen Kulturansatz, von dem wir noch Lichtjahre entfernt sind. Aus New Work leitet er nämlich nicht nur Maßnahmen zur Selbstverwirklichung im Job, sondern auch zur Verringerung der Armut und zur Selbstversorgung ab. Die Idee einer neuen, sinnstiftenden Arbeitskultur setzt sich allerdings immer stärker durch.
Erstmals haben Menschen die technologischen Möglichkeiten, um unabhängig von Ort und Zeit zu arbeiten und ihre eigenen Ideen einer breiten Masse kostengünstig zugänglich zu machen. Man denke dabei an Plattformen wie YouTube, Social Media oder Blogs. Neue Fähigkeiten zu erlernen funktioniert per Internet oder App, Sponsoren für neue Businessideen finden sich auf Crowdfunding-Portalen. Hinzu kommen die veränderten Werte und Einstellung junger Leute, die den Wandel der Arbeitswelt maßgeblich vorantreiben.
Wann sich New Work auf breiter Basis durchsetzen wird, ist zwar noch nicht absehbar. Klar ist aber: Sie kommt – mit zahlreiche Chancen für Arbeitnehmer und ebenso vielen Vorteilen für Unternehmen, die dabei von eigenständig arbeitenden, vernetzt denkenden Teams profitieren. Doch damit sich die Potenziale von New Work vollständig entfalten können, muss jetzt der richtige Nährboden geschaffen werden: mit Offenheit zum Beispiel, mit einem Bewusstsein für die Veränderungen des Arbeitsmarktes und nicht zuletzt mit einer positiven Einstellung.
Sind die theoretischen Grundlagen von New Work klar? Dann wird es Zeit, einen Blick in die Praxis zu werfen. In unserer Video-Serie teilen unsere Interviewpartner ihre persönlichen Erfahrungen mit New Work!