Hat das überhaupt einen Sinn, was ich hier täglich mache? Diese Frage stellen sich immer mehr Arbeitnehmer – für mehr Sinnhaftigkeit in ihrem Job würden sie sogar weniger Gehalt in Kauf nehmen. Wie aus der Arbeit Lust statt Last wird, verrät Luis Hanemann, der seit Jahren „New Work“ lebt.
Inhalt des Ratgebers
Das Telefon klingelt ununterbrochen, „Inbox Zero“ ist vom Tagesziel zum Mythos geworden und die Kollegen trampeln auf den blanken Nerven herum – es gibt Tage, da steht man kurz davor, einfach hinzuwerfen. Hast du in solch einer Situation schon einmal von einem Lottogewinn geträumt? Was wäre, wenn Geld keine Rolle spielt? Wenn die Märchenfee plötzlich vor dir steht und dich in jede Position zaubern kann, die du dir wünschst? Was würdest du tun? Mit genau dieser Frage – was du wirklich willst – setzt sich das Konzept von New Work auseinander.
„What do you really, really want?“
Den Grundstein für die schöne neue Arbeitswelt hat Frithjof Bergmann, der Urvater der New-Work-Bewegung, bereits in den 1970er Jahren gelegt. Zu dieser Zeit lautete die Antwort auf die Frage nach dem richtigen Gesellschaftsmodell entweder Kommunismus oder Kapitalismus. Bergmann entwickelte sein Gegenmodell, das sich diesem Dualismus entzieht, als Vision einer „neuen Arbeit“, die Menschen eine Beschäftigung eröffnen soll, die sie „wirklich, wirklich wollen.“
Heute, rund 40 Jahre später, knüpfen immer mehr Unternehmen an die Idee an und suchen neue Wege, um die Kreativität, die Motivation und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter zu steigern. Auch wenn das Konzept von New Work nicht auf Anhieb greifbar erscheint, geschieht dessen Umsetzung bereits.
Diese Erfahrung hat auch Luis Hanemann gemacht. Der Start-up-Investor und Partner bei e.ventures, der seit rund 20 Jahren im digitalen Marketing und der Start-up-Szene unterwegs ist, begegnete dem Begriff zuerst vor gerade einmal zwei Jahren. Aber: Er lebt das Konzept schon weitaus länger.
Bei New Work treffen Welten aufeinander
Für ihn ist New Work von Gegensätzen geprägt: Etablierte Hierarchien treffen auf den Wunsch von Mitarbeitern nach mehr Flexibilität; konventionelle Arbeitgeber teilen sich plötzlich den Markt mit unkonventionellen, agilen Start-ups, die sie bisher noch überhaupt nicht als Rivalen im Kampf um neue Talente auf dem Schirm hatten. Dem radikalen Gedanken, das System zu verändern, steht der fromme Wunsch gegenüber, die Arbeit einfach ein wenig besser zu machen.
Ob erfahrene Arbeitnehmer oder Millennials, die gerade am Anfang ihrer Karriere stehen: Alle suchen nach einem Sinn in ihrer Arbeit. Laut einer aktuellen Xing-Studie wäre jeder zweite Arbeitnehmer in Deutschland, Österreich und der Schweiz bereit, für mehr Sinn in seinem Job ein geringeres Gehalt zu akzeptieren.
Warum das so ist, erklärt Luis anhand der Maslow-Pyramide: „Wir sind als Gesellschaft an einem Punkt angekommen, an dem Grundbedürfnisse, wie genug Geld für die Miete und genug Essen zu haben, gesichert sind. Deshalb verstärkt sich jetzt der Wunsch nach Sinnhaftigkeit und verschiebt sich vom Privat- ins Arbeitsleben.“
SHARE
New Work braucht Empowerment und Enabler
Wenn ein Arbeitgeber es schafft, Purpose für seine Mitarbeiter zu schaffen, hat das „extrem viele Vorteile“, meint Luis. Im Video-Interview erklärt er, wie Unternehmen das schaffen können, was traditionelle Konzerne von Start-ups lernen können und umgekehrt, und ob Artificial Intelligence (AI) und Roboter in Zukunft wirklich unsere Jobs bedrohen könnten.
Die wichtigsten Thesen aus dem Interview haben wir hier für dich zusammengefasst:
Konzerne können nicht exakt so arbeiten wie Start-ups – sie können aber lernen, Hierarchien zeitgemäß zu gestalten, um ihre Flexibilität zu erhöhen und Empowerment zu kultivieren.
Remote Work wird eine immer größere Rolle spielen – kann aber nur in Kombination mit persönlichem Kontakt funktionieren und wirkt sich auf die Work-Life-Balance aus. Selbstreflexion ist deshalb zwingend nötig.
AI und digitale Technologien werden die Arbeitswelt verändern – statt Arbeitslosigkeit wird es aber eine Umverteilung und Reduzierung der Arbeit geben. Arbeit zum Selbstzweck ist nicht nötig und Ideen wie das Universal Basic Income können helfen, die Gesellschaft in Zukunft voranzubringen.
„Das System muss sich verändern“ mit Luis Hanemann
HIER SCHREIBTSabrina Quente
Sabrina ist freie Autorin für Versicherungs- und Digitalisierungsthemen. Sie war Redakteurin bei Fachzeitschriften und lernte als Content Editor bei ottonova die vielen Facetten der Versicherungswelt kennen.