Expat-Umfrage: Ist Deutschland zu kalt und unfreundlich?
Deutschland hat sich in den letzten Jahren zu einem attraktiven Ziel zum Leben und Arbeiten für Fachkräfte aus der ganzen Welt entwickelt. Wir haben Expats in Deutschland nach ihrer Zufriedenheit am Arbeitsplatz und im Sozialleben und größten Hürden in Deutschland befragt. Auch nach ihrem Job und wie lange sie planen zu bleiben wurde gefragt. In diesem Artikel fassen wir die Umfrageergebnisse zusammen und geben Einblicke in die Entwicklung und Charakteristika der Expat-Bevölkerung in Deutschland sowie auf ihre Arbeits- und Lebensbedingungen.
Inhalt des Ratgebers
Wer wurde befragt?
In einer Umfrage wurden rund 120 Expats, die wegen der Arbeit nach Deutschland gekommen sind, nach ihren Erfahrungen in Deutschland gefragt. Die Befragten hatten die Möglichkeit die Umfrage in Deutsch oder auf Englisch durchzuführen. 44 Prozent entschieden sich für Englisch, 66 Prozent fühlten sich mit deutschen Fragen sicherer. Das Durchschnittsalter unserer Befragten lag bei 35 Jahren. Es nahmen 41 Frauen und 59 Prozent Männer teil.
Wie lange wollen die befragten Expats bleiben?
Die Befragten haben verschiedene Lebenspläne. Wie lange die befragten Expats planen in Deutschland zu bleiben, ist ganz unterschiedlich. 55 Prozent der Befragten planen mehr als 5 Jahre in Deutschland zu verbringen, 22 Prozent immerhin zwischen einem Jahr und fünf Jahren. Weniger als ein Jahr wollte keiner der Befragten bleiben.
61 Prozent können sich vorstellen, dauerhaft in Deutschland zu bleiben. Rund 19 Prozent wissen jetzt schon, dass sie wieder in ihr Heimatland zurückkehren wollen.
Unsere Befragten leben vor allem zusammen mit ihren Partnern und Partnerinnen (73 %) sowie ihren Kindern (63 %) in Deutschland.
Die Gründe nicht in Deutschland bleiben zu wollen, liegen vor allem im Wetter. Rund 14 Prozent ist es hier zu kalt hier. Aber auch der Zugang zu Gesundheitsversorgung wurde genannt.
Welchen Herausforderungen begegnen Expats in Deutschland?
Trotz der Chancen und Möglichkeiten, die Deutschland bietet, stehen Expats auch vor Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf soziale Integration, Sprache, die Wohnungssuche und Bürokratie.
Auch die Unterschiede im Arbeitsleben wurden unsere Befragten vor Herausforderungen gestellt. Über die Hälfte der Befragten gab den Bewerbungsprozess als berufliche Herausforderung an.
Für 46 Prozent war und ist die unterschiedliche Arbeitskultur herausfordernd.
Bürokratische Hürden erlebten Expats vor alle bei der Beantragung von Visa (38 %) und dem Abschluss von Sozialversicherungen (37 %).
Vor allem auch die Anerkennung ausländischer Abschlüsse stellte die Befragten vor Herausforderungen (44 %).
Die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen spielt eine wichtige Rolle für die Integration von Expats in den deutschen Arbeitsmarkt. Im Jahr 2021 wurden insgesamt 46.900 Berufsabschlüsse anerkannt.
Die meisten Anerkennungen in den Berufen Gesundheits- und Krankenpflege (16.000 Anerkennungen) sowie als Arzt/Ärztin (8.200 Anerkennungen) verzeichnet. Ingenieure/-innen (2.200 Anerkennungen), Lehrer/-innen (1.700 Anerkennungen) und Erzieher/-innen (1.300 Anerkennungen) gehören ebenfalls zu den häufig anerkannten Berufsgruppen.
Gesundheitsversorgung: Wie sind Expatriates krankenversichert?
Die Frage der Krankenversicherung spielt für Expats eine wichtige Rolle. Denn eine Krankenversicherung zu haben ist in Deutschland Pflicht und ein Visum ist daran gebunden.
Dass die private Krankenversicherung einige Vorteile gegenüber der Gesetzlichen bietet, ist den Befragten aber durchaus bewusst. So wurden vor allem umfassende Vorsorgeuntersuchungen und die schnellere Terminvergabe durch größere Arztauswahl genannt. Ebenso wie Chefarztbehandlung und Einzelzimmer im Krankenhaus.
Über ein Drittel der Befragten-Gruppe gaben an, Probleme beim Abschluss einer Krankenversicherung gehabt zu haben. Vor allem die englischsprachige Gruppe erlebte Hürden in Bezug auf die medizinische Versorgung. Dies lässt sich wohl vor allem auf die Sprachbarriere in Arztpraxen zurückführen.
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Berufsfelder und Branchen: Wo arbeiten Expats?
Auch bei unseren befragten Expats zeigt sich eine Verteilung über sehr viele Branchen hinweg. Mit 25 Prozent arbeitet ein großer Teil der englischsprachigen Befragten in der IT und Telekommunikationsbranche, insgesamt immerhin 5 Prozent aller Befragten. Generell arbeiten in dieser Branche über zwei Drittel der Expats in Deutschland.
Mit 15 Prozent führt die Tourismusbranche, aber auch im Gesundheitswesen (8 %), in der Finanz- und Immobilienwirtschaft (7 %), sowie in der Freizeitindustrie (7 %) sind die bfragten Expats tätig.
Wie leicht finden Expatriates Freunde?
Bei der Frage, ob es schwierig sei, Kontakte zu Deutschen zu knüpfen sind sich zwei Drittel der befragten Expats einig.
61 Prozent gaben, dass es sie es als schwierig empfinden, deutsche Freunde zu finden.
Die Gründe dafür liegen vor allem in der Sprachbarriere (43 %), sowohl unter den Englischsprechenden als auch unter den bereits Deutschsprechenden.
Aber auch kulturelle Unterschiede (36 %), Schüchternheit (25 %) sowie ein anderer Kommunikationsstil (24 %) und keine Zeit aufgrund von Arbeit (22 %) wurden als Gründe genannt.
39 Prozent unserer Expat-Umfrage beschrieb die Deutschen als unfreundlich. An der Willkommenskultur hapert es also noch. Gerade einmal 5 Prozent beschrieb die Deutschen als freundlich.
Der Großteil findet soziale Kontakte durch die Arbeit (66 %). Auch Sport (50 %) und Sprachkurse (40 %) scheinen ein sozialer Raum zu sein, an dem Expats leichter Kontakte knüpfen können.
Ansonsten scheinen die beiden Gruppen auf sehr unterschiedlichen Wegen Freunde zu finden. Bei den englischsprachigen Expats spielten Expat Communities eine große Rolle, ebenso wie Apps und kulturelle Veranstaltungen. Bei den Deutsch Antwortenden waren diese Wege weiniger beliebt.
Deutsche Sprache, schwere Frage: Wie leicht fällt es, Deutsch zu lernen?
Auch die Kenntnisse der Landessprache stellen für viele eine Hürde dar: 63,5 Prozent der Befragten, die auf Englisch geantwortet haben, gaben zwar an, Deutsch gelernt zu haben, antworteten aber dennoch lieber auf Englisch. Insgesamt hatten rund 79 Prozent der Expats Deutsch gelernt. Alle Befragten gaben aber an, Deutsch lernen zu wollen.
Vor allem offizielle Sprachkurse, Selbststudium und natürlich die praktische Anwendung der Sprache sowie der Konsum von deutschsprachigen Medien wie Fernsehen, Bücher und Filme helfen den Expats beim Spracherwerb.
“Sie haben keinen Humor, sind aber sehr pünktlich.”
Klischees über Deutsche: pünktlich, aber unfreundlich?
Das Erste, was in den Kopf kommt, wenn man an ein bestimmtes Land denkt, ist oftmals ein Klischee, das sich im Nachhinein im Land selbst nicht wirklich bestätigt.
Doch welche Klischees über Deutschland haben sich bestätigt und welche Eigenarten der Deutschen nehmen unsere befragte die Expats wahr?
Das häufigste Klischee über Deutschland, dass sich für die befragten Expats bestätigt hat, ist die Pünktlichkeit der Deutschen, aber auch ihre Liebe zu Bier und Wein und die gefürchtete Bürokratie Deutschlands.
Auch die Direktheit und Ernsthaftigkeit der Deutschen, welche von den Expats öfter als unfreundlich und schlecht gelaunt wahrgenommen wird, wurde genannt. Ebenso hat sich das aus Sicht der Expats schlechte Wetter in Deutschland bewahrheitet.
Beachtung fanden neben diesen negativen Aspekten, aber auch positive: zum Beispiel wurde die Freundlichkeit der Deutschen genannt.
“German are always ready to help and they are very kind.”
Die Wahrnehmung der Deutschen variiert unter den Befragten also gehörig.
Wie digital finden die Befragten Deutschland?
Auch wenn das Stichwort fehlende Digitalisierung hier und da bei den bestätigten Vorurteilen der Expats fiel, schnitt Deutschland in der allgemeinen Wahrnehmung der Befragten doch besser als erwartet ab.
Keiner hielt Deutschland für gar nicht digital, immerhin 25 Prozent für hochgradig digital. Auch die zweitbeste Bewertung wurde von über einem Drittel vergeben.
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Marie-Theres ist Online Redakteurin für Gesundheits- und Versicherungsthemen bei ottonova. Sie recherchiert und schreibt vor allem über Krankenversicherung, (E-)Health und digitale Innovation, die das Leben besser machen.