Betriebliche Gesundheitsförderung: Gesunde Führung gehört dazu!
Multitasking, Zeitdruck und eine E-Mail nach der anderen: Viele Führungskräfte gehen laut einer Studie der Uni Heidelberg davon aus, dass der Stress im Job in Zukunft steigen wird. Deshalb wird die betriebliche Gesundheitsförderung immer wichtiger. Wie du davon profitieren kannst.
Stell dir vor, in der Kantine gäbe es leckeres, gesundes Essen. Nach der Arbeit könntest du beim Yoga entspannen oder dich beim Fußball auspowern – auf Kosten der Firma. Und wenn dir nach Homeoffice ist, bleibst du einfach zu Hause. So könnte ein Arbeitsumfeld aussehen, das die betriebliche Gesundheitsförderung ernst nimmt. Darunter sind alle Maßnahmen zu verstehen, die Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeiter stärken. Immer mehr Unternehmen sind offen dafür.
Was bringt Gesundheitsmanagement?
Moderne Unternehmen werben damit, dass ihnen die Gesundheit ihrer Mitarbeiter wichtig ist. Schließlich wollen sie talentierten Nachwuchs gewinnen. Aber nicht nur das: Gesunde Mitarbeiter sind motivierter, seltener krank und bringen bessere Leistungen. Das lohnt sich für die Firmen: Laut einem Review aus dem Jahr 2011 liegt der ROI der betrieblichen Gesundheitsförderung bei 2,3:1 oder 5,9:1, je nach Studie. Das bedeutet, die Unternehmen bekommen deutlich mehr heraus, als sie investieren.
So geben 63 % von befragten Firmen an, dass Gesundheitsförderung in Unternehmen immer wichtiger wird. Aber mit der Umsetzung hinken die Firmen noch etwas hinterher. Laut iga-Report haben nur 36 % der Firmen betriebliches Gesundheitsmanagement integriert. Meist fehlen die Ressourcen, um trotz prallem Tagesgeschäft entsprechende Maßnahmen einzuführen. Das große Interesse lässt jedoch vermuten, dass immer mehr Unternehmen früher oder später auf den Zug aufspringen werden.
12 Beispiele für betriebliche Gesundheitsförderung
Es gibt viele Möglichkeiten, die Gesundheit der Mitarbeiter im Betrieb zu fördern. Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz nennt wichtige Aspekte eines ganzheitlichen Gesundheitskonzeptes. Was die einzelnen Maßnahmen für dich als Mitarbeiter bedeuten, haben wir im Folgenden aufgelistet.
Gesunde Organisation:
- Flexible Arbeitszeiten: Wenn du abends noch einen Termin hast, kannst du früher gehen, sofern du die Arbeitszeit an einem anderen Tag nachholst. Praktisch: Wenn Vertrauensarbeitszeit herrscht, musst du niemandem Bescheid geben.
- Kinderbetreuung am Arbeitsplatz: Wer möchte schon jeden Tag eine halbe Stunde zur Krippe und wieder zurück fahren, um sein Kind gut betreut zu wissen? Entsprechende Angebote am Arbeitsplatz können den Zeitaufwand und den Stress deutlich reduzieren.
- Homeoffice: Zu Hause in Ruhe eine wichtige Analyse fertig stellen, ohne dass ständig ein Kollege hereinspaziert und von seinem letzten Badminton-Turnier erzählt. Manchmal genau das Richtige!
- Feedback: Wenn du eine Idee hast, wie sich das Arbeitsumfeld verbessern lässt, brauchst du kein Blatt vor den Mund zu nehmen.
- Lifelong Learning: Du kannst regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen, um dein Wissen auszubauen.
Gesunde Umgebung:
- Lounge: Die Teeküche ist häufig zu klein und zu ungemütlich für ein nettes Gespräch. Ein schöner Rückzugsraum mit Sofas oder einem Kicker bietet sich schon eher an, um sich kurz aus dem Tagesgeschäft auszuklinken.
- Arbeitsklima: Mancherorts herrscht eine richtig gute Unternehmenskultur: Die Mitarbeiter respektieren sich, sind freundlich zueinander und helfen einander aus. Das muss die Führungskraft allerdings aktiv fördern.
- Rauchverbot: Auch Passiv-Rauchen schadet der Gesundheit!
Individuelle Maßnahmen für den gesunden Mitarbeiter:
- Sport: Vergünstigter Eintritt in Fitness-Studios, Yoga for free im Büro oder ein gemieteter Fußballplatz fürs ganze Team – es gibt viele Möglichkeiten, Stress abzubauen. Umso besser, wenn die Firma dafür aufkommt!
- Gesunde Ernährung: Kantinenessen muss nicht nur aus aufgewärmtem Fertig-Matsch bestehen. Es kann auch gesund sein! Wenn es keine Kantine gibt, könnte die Firma einmal pro Woche oder Monat ein gesundes Mittagessen für alle spendieren. Oder zumindest Obstkörbe aufstellen.
- Rauchentwöhnung: Manche Firmen bieten Kurse an, die dabei helfen, vom Nikotin loszukommen.
- Gesundheitschecks: Viele Deutsche leiden unter Bluthochdruck, wissen aber gar nichts davon. Bei regelmäßigen Check-ups können entsprechende Werte und noch viel mehr Daten erhoben werden, um bei Problemen rechtzeitig gegenzusteuern.
- Stressbewältigungskurse: Stress lässt sich nicht immer vermeiden. Deshalb ist es wichtig zu lernen, damit umzugehen. Ein externer Coach kann wichtige Impulse geben, um die eigenen Stressoren zu erkennen und auszuhebeln. Auch eine psychosoziale Beratung kann zum Angebot dazugehören. Sie hilft, wenn sich Probleme in der Firma zuspitzen und professioneller Rat gefragt ist.
Der Arbeitgeber kann eine Menge tun, um die Gesundheit der Mitarbeiter zu verbessern. Das funktioniert aber nur, wenn die Beschäftigten das Angebot auch annehmen. Beide Seiten sind also gefragt, damit die Ziele des BGM erreicht werden.
Diese Check-ups solltest du regelmäßig ab einem Alter von 35 machen lassen
Du willst es selbst schaffen, deinen Stress zu reduzieren?
Warum gesunde Führung dazu gehört!
Homeoffice, Feelgood Manager und Obstkörbe allein reichen nicht. Grundsätzliches – wie beispielsweise der Umgangston – ist ebenfalls sehr wichtig, vor allem zwischen Führungskräften und ihren Teams. Eine schlechte Führung wirkt sich auf die Gesundheit aus. Ist das Wohlbefinden des Teams egal, sind die Mitarbeiter häufiger krank, so eine Reihe von Studien. Besonders aufwühlend für die Mitarbeiter ist es, wenn der Chef die Mitarbeiter unterschiedlich behandelt und sie wenig an Entscheidungen beteiligt. Das führt zu noch mehr Stress, der eigentlich vermeidbar wäre.
Gesundheitsfördernde Führung bedeutet:
- Die Leistung der Mitarbeiter anerkennen
- Nur konstruktiv und sachlich Kritik üben
- Informationen teilen
- Den Sinn der Arbeit vermitteln
- Gerechte Arbeitsverteilung
- Klare und realistische Zielvorgaben
- Gute Einarbeitung in neue Aufgaben
- Einhaltung von Versprechen
- Berücksichtigung der Berufsziele der Mitarbeiter
Zu vermeiden sind:
- Autoritärer Führungsstil
- Zu starke Kontrolle
- Einmischung in fremde Aufgabengebiete
- Ständige Versetzung der Mitarbeiter an andere Arbeitsplätze
Leider gibt es noch viele Abteilungsleiter, die auf den althergebrachten Führungsstil setzen. Jeder dritte Befragte einer Studie gab an, sich wenig oder gar nicht auf seinen Vorgesetzten verlassen zu können. Manche haben ihre Position erhalten, weil sie fachlich top sind, nicht weil sie Menschen führen können. Umso wichtiger ist es, auf eine solide Führungskräfteentwicklung zu achten.
"Es bringt nichts, wenn die Mitarbeiter geschult sind und wissen, wie sie sich in ihrer Resilienz stärken, aber die Führungskräfte sagen, das ist mir doch egal."
Tatjana Reichhart im Interview – Gesundheit fängt im Kopf an – oder auf der Führungsebene
In Seminaren von BGM-Beratungen lernen künftige Führungskräfte, den ganzen Menschen zu berücksichtigen und ihre Mitarbeiter für Werte und Ziele zu begeistern. Wenn das Team Freiräume hat, nehmen depressive Symptome ab, so Oliver Walle, Dozent der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement. Eine gesundheitsfördernde Führung ist also zentral für das Betriebliche Gesundheitsmanagement.
Digitale Gesundheitsförderung: Zukunft der Arbeit?
Trotz voranschreitender Digitalisierung gibt es bislang wenige Konzepte für digitale Gesundheitsförderung. Manche befürchten Datenlecks, andere trauen der Qualität von Online-Seminaren nicht. Aber digitales Gesundheitsmanagement hat viele Vorteile: Mitarbeiter müssen nicht ein mehrtägiges Seminar besuchen und dafür in eine andere Stadt reisen, um sich weiterzubilden. Per Klick stehen viele verschiedene Angebote zur Verfügung, die sich zudem leicht aktualisieren lassen.
Es ist also anzunehmen, dass immer mehr Unternehmen die Vorteile von Online-Seminaren erkennen werden. Das bedeutet für dich, dass du bequem vom Bürostuhl aus Einblicke in viele neue Themenfelder bekommst.
Gesundheit wird bei der Arbeit von morgen eine immer größere Rolle spielen. Welche Bewegungen und Trends gibt es aktuell noch im Bereich New Work? Schau rein in unsere spannenden Interviews mit Spezialisten.
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Jeannette Stowasser
Jeannette ist Online-Redakteurin für Gesundheit und schreibt seit 2011 Artikel, E-Books und Whitepaper zu den verschiedensten medizinischen Themen.