Zahnfehlstellung: Korrektur, Arten, Behandlung & Ursachen

Zahnfehlstellungen bezeichnen die abweichende Stellung einzelner oder mehrerer Zähne von der optimalen Zahnbogenform der Kiefer. Sie sind keine Seltenheit und beeinträchtigen nicht nur die Ästhetik des Gebisses, sondern können ebenso enorme Auswirkungen auf die Gesundheit betroffener Patienten haben. Im Folgenden wird über alles Wissenswerte rund um das Thema Zahnfehlstellungen, die häufigsten Arten, Ursachen und die Behandlung sowie Korrekturkosten aufgeklärt.

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Medizinisch geprüft. von Dr. Jens Gottschalk

Inhalt des Ratgebers

Wie entstehen schiefe Zähne?

In etwa jeder dritte Patient leidet unter ihnen: schiefe Zähne. Sie sind nicht gleichmäßig und gerade, wachsen schräg, schieben sich übereinander oder fehlen sogar ganz. Die Form jedes Gebisses ist in der Regel erblich bedingt.

Fehlstellungen der Zähne und des Kiefers sind somit oftmals bereits angeboren und werden von Eltern an ihre Kinder weitergegeben.

Weitere allgemeine Ursachen für Kiefer- und Zahnfehlstellungen können sein:

Eine wichtige Wissensgrundlage: Die Zähne sind nicht fest im Kiefer verwachsen, sondern beweglich im Kieferknochen aufgehängt. Das machen die sogenannten Sharpeyfasern möglich. Zahnbelastungen führen dadurch z.B. nicht direkt zu einer Beschädigung der Zähne oder des Kiefers, sondern werden aufgefangen (1). Das Gebiss des Menschen ist also stetig in Bewegung, wodurch auch Zahnfehlstellungen entstehen können.

Was ist eine Zahnfehlstellung?

Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Fehlbissen (2):

  1. die dentoalveoläre Dysgnathie
  2. die skelettale Dysgnathie

Dentoalveoläre Dysgnathie

Bei der dentoalveolären Dysgnathie handelt es sich um eine Zahnfehlstellung durch die nicht korrekte Anordnung einzelner oder mehrerer Zähne im Kiefer.

Zahnfehlstellungen wirken sich oftmals auf die Zahn- und Gesichtsästhetik von Patienten aus, wohingegen gesundheitliche Einschränkungen durch die Fehlstellung nicht zwangsläufig bestehen. Allerdings führen häufig schon geringe Abweichungen vom normalen Gebiss zu Einschränkungen und Folgen auf funktionaler Basis (z.B. erschwertes Abbeißen bei gekippten Schneidezähnen).

Studien belegen außerdem einen signifikanten Zusammenhang zwischen Zahnfehlstellungen (insbesondere der Frontzähne) und Karies sowie Parodontitis (3), da die unregelmäßige Zahnanordnung die Reinigung der Zähne mittels Bürste und Zahnseide erschwert. Gleichermaßen kann die Zahnfehlstellung sich auf die Kaufunktion und Sprechen auswirken.

Skelettale Dysgnathie

Ist der Kiefer hingegen selbst betroffen, spricht man von einer skelettalen Dysgnathie. Hier ist die Form von Ober- und Unterkiefer aufgrund der Kieferfehlstellung beeinträchtigt.

Beispiele von Fehlstellungen des Kiefers können sein:

Mit einer Kieferfehlstellung geht oft eine Zahnfehlstellung einher. Zudem kann sie zu Schmerzen und einer frühzeitigen Abnutzung der Kiefergelenke führen.

Während die reguläre Abweichungen der Zahnstellung sich meist durch eine Behandlung der Zähne beim Kieferorthopäden beheben lassen, ist bei Fehlstellungen des Kiefers häufig eine Operation durch Fachärzte notwendig.

Zahnfehlstellungen bei Kindern

Eine Veränderung des Gebisses ist bei Kindern und Jugendlichen bis etwa zum 13. Lebensjahr aufgrund ihres natürlichen Wachstumsprozesses völlig normal.

Im Kindesalter werden nicht nur die Milchzähne durch die bleibenden Zähne ersetzt, sondern auch der Kopf wird größer und der Kiefer passt sich dem Wachstum an.

Zahnlücken, die grundsätzliche Nichtanlage von Zähnen, Zahnverschiebungen oder Zähne von unterschiedlicher Größe können demnach verstärkt auftreten und sind keinesfalls unüblich.

Ob die Fehlstellung tatsächlich verbleibt und eine Zahnkorrektur durch eine Zahnspange nötig ist, kann der Zahnarzt bzw. Kieferorthopäde erst abschließend klären, wenn das Wachstum bei Kindern weiter fortgeschritten ist. Wichtig ist es in jedem Fall Fehlentwicklungen in der Kindheit im Blick zu behalten, um langfristige ästhetische oder auch gesundheitliche Einschränkungen vermeiden zu können.

Studien ergaben etwa, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen Fehlbissen und Karies im kindlichen Gebiss besteht (3).

Zahnfehlstellungen bei Erwachsenen

Auch bei Erwachsenen, die sich nicht mehr im Wachstum befinden, ist eine Zahnwanderung möglich. Natürliche Ursachen wie fehlerhaftes Schlucken, durchschießende Weisheitszähne bei Platzmangel im Mundraum oder die häufige Zahnbewegung in Richtung Kiefermitte können hier die Ursache sein. Zudem werden Zahnfehlstellungen im Erwachsenenalter häufig durch Unfälle mit vom Zahnarzt unversorgtem Zahnverlust oder eine nicht angemessen durchgeführte Erhaltungstherapie nach einer Zahnspangenbehandlung bedingt.

Werden einzelne Zähne ausgeschlagen, ist die entstehende Zahnlücke in jedem Fall zahnärztlich in der Praxis zu versorgen. Zahnersatz verhindert hier eine Verschiebung der restlichen Zähne.

Gleiches gilt für ehemalige Zahnspangen-Patienten: Eine kieferorthopädische Zahnspangen-Behandlung erfordert eine Nachtherapie zu Zahnstabilisation, sodass ein Rezidiv (Rückfall) der Zähne in die ursprüngliche Position vermieden werden kann. Hierzu bieten sich differente Arten von Retainern an, die entweder mittels eines Drahtes fest hinter den Frontzähnen verbleiben oder herausnehmbar sind.

Wichtig zu wissen: Wird eine Nachbehandlung nicht konsequent durchgeführt, besteht laut Studien eine 85-prozentige Rückfallwahrscheinlichkeit innerhalb von 20 Jahren nach Abschluss der Behandlung (4).

Angle-Klassen: Das Ordnungssystem der Zahn- und Kieferfehlstellungen

Um Zahn- und Kieferfehlstellungen nachvollziehbar diagnostizieren und bewerten zu können, werden die Anomalien in das Ordnungssystem der drei Angle-Klassen eingeteilt. Angle-Klassen beziehen sich auf die Lage der ersten großen bleibenden Backenzähne (6-Jahr-Molar) des Ober- und Unterkiefers zueinander. Zu unterscheiden sind folgende Angle-Klassen:

Angle-Klasse I (Neutralbiss)

Angle-Klasse II (Distalbiss)

Angle-Klasse II/1

Angle-Klasse II/2

Angle-Klasse III (Mesialbiss)

Die häufigsten Fehlstellungen im Gebiss

Kreuzbiss

Bei einem Kreuzbiss treffen die Kauflächen der Seitenzähne beim Zubeißen nicht korrekt aufeinander. Die Höcker der Unterkiefer-Seitenzähne beißen sozusagen seitlich an den Höckern der Oberkiefer-Seitenzähne „vorbei“.

Entweder stehen die Zähne im Oberkiefer bei einem Kreuzbiss zu weit nach innen (palatinal = in Richtung Gaumen) oder die Zähne im Unterkiefer zu weit nach außen (bukkal = in Richtung Wange). Der Kreuzbiss lässt sich in drei Arten unterteilen:


Zahnlücken

Eine Zahnlücke bezeichnet den zu großen Abstand zwischen zwei Zähnen. Sie wird auch Diastema, altgriechisch „Zwischenraum“, genannt. Oftmals tritt eine Zahnlücke zwischen den oberen Schneidezähnen im Oberkiefer auf, die häufig genetisch bedingt ist. Bei den unteren Zähnen kommt sie weitaus seltener vor.

Ursachen für Zahnlücken zwischen den Zähnen können sein:

Überbiss

Beim Überbiss (Prognathie) lassen sich zwei differente Arten unterscheiden:

  1. Maxilläre Prognathie: Oberkiefer ist im Verhältnis zum Unterkiefer zu groß
  2. Mandibuläre Retrognathie: Unterkiefer ist im Verhältnis zum Oberkiefer zu klein

Der Abstand der oberen Schneidekanten der Frontzähne zu den unteren (Frontzahnstufe) beträgt im Normalgebiss etwa 2mm. Beim Überbiss wird dieser Abstand in kleinerem oder größerem Ausmaß überschritten, weshalb der Oberkiefer über den Unterkiefer hinausragt und vorsteht. Während ein leichter Überbiss in der Regel keine Beschwerden verursacht, kann ein größerer Abstand der Frontzahnstufe erhebliche Folgen mit sich bringen.

Zahnverlagerung

Eine Zahnverlagerung liegt bei einem schief im Kiefer liegenden Zahn vor. Dabei kann es sich um einen entwickelnden Zahn, der noch nicht durchgebrochen ist (Zahnkeim) oder einen bereits herausgewachsenen Zahn handeln. Betroffene Zähne sind oft zusätzlich retiniert und wachsen aufgrund ihrer Fehlposition gar nicht aus dem Kiefer heraus, kommen erst stark zeitverzögert durch oder nicht an ihrer vorgesehenen Zahnposition. Im Falle eines teilweisen Zahndurchbruchs spricht man von einer Halbretention. Eine Zahnverlagerung betrifft am häufigsten die Weisheitszähne, die oberen Eckzähne und die zweiten Backenzähne. Meistens kommt sie aufgrund von Platzmangel im Kiefer zustande. Der Zahn ist hier zwar richtig angelegt, hat aber keinen ausreichenden Platz, um durchzubrechen.

Offener Biss

Man unterscheidet zwei Arten des offenen Bisses:

Frontal offener Biss:

Seitlich offener Biss:

Zahnengstand

Ein Zahnengstand liegt vor, wenn die Zähne nicht ausreichend Platz in der Zahnreihe haben. Aufgrund des Platzmangels wachsen sie entweder nicht vollständig heraus oder bleiben ganz im Kiefer.

Man unterscheidet drei verschiedene Formen des Engstands:

Vorbiss

Bei einem Vorbiss (Progenie) oder auch Unterbiss ist der Unterkiefer im Verhältnis zum Oberkiefer zu lang (Mandibuläre Prognathie) oder der Oberkiefer im Verhältnis zum Unterkiefer zu klein (Maxilläre Retrognathie). Dadurch wird das Zusammenbeißen bei einem Vorbiss beeinträchtigt. Die unteren Schneidezähne beißen über die oberen Schneidezähne (frontaler Kreuzbiss).

Tiefbiss/ Deckbiss

Schließt ein Patient mit normalem, gesundem Gebiss die Zahnreihen seines Kiefers, bedecken die oberen Schneidezähne die unteren etwa in einem Ausmaß von zwei bis drei Millimetern. Liegt hingegen ein Tiefbiss vor, reichen die oberen Schneidezähne zu weit nach unten. Die Schneidezähne im Unterkiefer werden hier sogar gänzlich von den oberen Zähnen bedeckt.

Von einem Deckbiss spricht man, wenn die oberen Schneidezähne zusätzlich nach innen gekippt sind. Dabei können sie das Zahnfleisch berühren und Verletzungen (traumatischer Gingivakontakt) bewirken. Die unteren Schneidezähne als Gegenspieler reichen hier bis zum Gaumen.

Zahnfehlstellungen: Welcher Arzt hilft?

Eine Behandlung von Zahn- und Kieferfehlstellungen wird von Zahnärzten und Kieferorthopäden durchgeführt. Bei einer ausgeprägteren Anomalie des Kiefers, die nicht durch eine Zahnspange beglichen werden kann, bedarf es einer kieferchirurgischen Therapie. Durch einen kieferchirurgischen Eingriff werden Fehlstellungen des Ober- und Unterkiefers korrigiert, indem Abschnitte des Kiefers oder der gesamte Kiefer operativ angepasst werden.

In vielen Fällen schließen sich an kieferchirurgische Eingriffe kieferorthopädische Maßnahmen mit Zahnspangen an. So kann ein optimales Behandlungsergebnis erreicht werden. Für die jeweiligen Eingriffe erfolgt eine enge Kooperation zwischen Kieferorthopäden und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen.

Grundsätzlich lassen sich Zahnfehlstellungen bei Kindern als auch bei Erwachsenen beheben. Die Korrektur macht oftmals eine längerfristige kieferorthopädische Behandlung nötig. Abhängig von der vorliegenden Anomalie und individuellen Faktoren wird die Wahl der Behandlungsmethode getroffen.

Während die Behandlung optimalerweise vor Abschluss des Kieferknochenwachstums zwischen den 9. und 13. Lebensjahr erfolgt, können schiefe Zähne auch bei Erwachsenen noch gerichtet werden. Im Erwachsenenalter kann jedoch eine längere Behandlungsdauer an den Zähnen nötig sein.

Was kostet eine Zahnkorrektur?

Die Kosten für eine kieferorthopädische Zahnkorrektur variieren abhängig von folgenden Faktoren:

Die Preisspanne für eine Behandlung von Fehlstellungen beim Kieferorthopäden beginnt bei etwa 500 Euro und steigt bei aufwändigeren Behandlungen bis hin zu 10.000 Euro.

Korrekturen leichterer Fehlstellungen mittels einer losen Zahnspange lassen sich dabei schon ab etwa 500 Euro Behandlungskosten finanzieren, während eine feste Zahnspange preislich bei etwa 1.500 Euro beginnt.

Inbegriffen in den Kosten sind die kieferorthopädische Diagnostik, die Kontrolle des Behandlungsverlaufs durch Röntgenbilder sowie die Anfertigung eines Gipsabdrucks und der Zahnspange im Labor.

Die Kosten einer Nachbehandlung durch Retainer zur Sicherung des Behandlungsergebnisses können sich an die Behandlung anschließen. Retainer als Zahnstabilisatoren beginnen preislich regulär bei etwa 500 Euro.

Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse

Die gesetzlichen Kassen tragen die Kosten für eine Zahnspange bei Kindern und Jugendlichen regulär bis zum 18. Lebensjahr vollständig. Dazu muss eine KIG-Einstufung der Fehlstellung von mindestens 3 vorliegen, die eine medizinische Notwendigkeit der Therapie bestätigt. Zusatzleistungen zur Verkürzung der Behandlungszeit, geringeren Sichtbarkeit der Spange oder andere Optimierungen müssen auch bei Kindern privat geleistet werden.

Eine Kostenbezuschussung für die Behandlung von Zahnfehlstellungen im Erwachsenenalter wird nur in äußersten Ausnahmefällen gewährleistet. Dazu gehören schwere Kieferanomalien der Erwachsenen wie angeborene Missbildungen, verletzungsbedingte Fehlstellungen des Kiefers oder knöchern bedingte Fehlbisse.

FAQ zum Thema Zahnfehlstellungen

Die Zähne sitzen nicht fest im Kiefer, sondern sind prinzipiell nur in ihm aufgehängt und beweglich. Zahnwanderungen sind so nicht nur im Kindesalter, sondern auch bei Erwachsenen möglich. Die Ursachen für schiefe Zähne sind vielfältig. In der Regel ist die Gebissform erblich bedingt, sodass Fehlstellungen an den Zähnen von Eltern an ihre Kinder weitergegeben werden. Weiterhin kann z.B. eine durch einen Unfall oder frühzeitigen Milchzahnverlust bedingte Lücke im Ober- oder Unterkiefer zu Zahnwanderungen führen. Aber unter anderem auch auf den zu langen Gebrauch eines Schnullers bei Kleinkindern, Fehlfunktionen der Zunge oder die unzureichende Nachbehandlung nach Zahnspangen-Behandlungen bei Erwachsenen können Zahnverschiebungen oder Kieferanomalien folgen.

Ein Überbiss bezeichnet einen zu großen Abstand der oberen und unteren Schneidezähne bei aufeinanderliegenden Zahnreihen. Ist das Gebiss zusammengebissen, liegt bei dieser Form von Biss eine Lücke von mehr als zwei Millimetern vor. Der Oberkiefer steht deutlich vor dem Unterkiefer, was sich häufig bereits am Gesichtsprofil Betroffener erkennen lässt. Ein weiteres Indiz: Die Frontzähne des Oberkiefers stehen über den oberen Rand der Unterkiefer-Frontzähne und überlappen die Unterseite deutlich (mehr als 3,5 Millimeter). Außerdem können Patienten mit Überbiss das Gefühl haben, dass ihre untere Zahnreihe beim Zusammenbeißen dicht am Gaumen anliegt oder sogar auf diesen drückt. Ein Überbiss ist einer der häufigsten Gründe, warum sich Patienten für eine Zahnspange entscheiden. Der Biss lässt sich besonders bei Kindern erfolgsversprechend mittels einer festen Zahnspange und zwischen Ober- und Unterkiefer eingesetzten Gummis beheben.

Quellen:

ottonova Magazin Autor
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Mehr zum Thema Zähne? Erfährst du im Podcast "Schöne Zähne, gutes Gefühl" von Dr. Jens Gottschalk.

Dr. Jens Gottschalk
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Dr. Jens Gottschalk ist seit 1997 Zahnarzt und praktiziert seit 2003 in seiner eigenen Praxis im Herzen Münchens. Er betreut seine Patienten in allen Belangen der Zahnheilkunde und ist spezialisiert auf die ästhetische und funktionelle Versorgung komplexer Zahnsituationen.

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