Stimmungsaufheller für Zuhause: Helfen Tageslichtlampen bei Depressionen?

Dem Winter fehlt vor allem eines: Tageslicht. Wenn es schon um 15 Uhr dämmert, schlägt der Winterblues gnadenlos zu. Eine Tageslichtlampe hellt nicht nur dein Zuhause, sondern auch die Stimmung auf. Wie wirksam ist sie gegen Depressionen und wie verwendet man sie richtig? Das erfährst du hier.

Medizinisch geprüft - Siegel
Fachlich geprüft von Psychiater Dr. Karsten Wolf

Inhalt des Ratgebers

„In der Evolution des Menschen hat sich ein bestimmtes regulatorisches Zentrum im Gehirn an das natürliche Sonnenlicht und dessen dynamische Veränderungen von Lichtintensität und Lichtfarbe im Verlauf eines Tages angepasst“, erklärt Dr. Karsten Wolf, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Ärztlicher Leiter der privaten Libermenta Klinik Schloss Gracht.

„Insbesondere in Herbst und Winter wird deutlich, wie stark unser modernes Alltagsleben durch das künstliche und ‚falsche‘ Licht geprägt ist. Dieser dysfunktionale Lichteinfluss auf unsere Netzhaut kann sich negativ auf die physische und psychische Gesundheit auswirken und Depressionen oder Schlafstörungen auslösen", sagt der Psychiater.

Um den Lichtmangel ohne technische Hilfsmittel zu verringern, ist es auch an kalten Wintertagen wichtig, Zeit im Freien zu verbringen und sich draußen zu bewegen. Aber auch die Lichttherapie mit Tageslichtlampen kann Abhilfe schaffen.

Wie wirken Tageslichtlampen auf den Körper?

Der Einsatz einer Tageslichtlampe bringt die innere Uhr in den richtigen Takt und räumt den Hormonhaushalt auf. Du kannst dich besser konzentrieren, bist ausgeglichener und hast genug Energie, um durch die dunkle Jahreszeit zu kommen.

Tageslichtleuchten werden deshalb in der Medizin für die Lichttherapie in fachärztlichen und psychiatrischen Praxen eingesetzt. Du kannst sie aber auch zu Hause nutzen.

Wie funktioniert die Lichttherapie?

Eine Tageslichtlampe vertreibt die Dunkelheit und lindert gleichzeitig die Symptome der Herbst- oder Winterdepression. Das schafft sie, indem sie dir vormacht, sie sei die Sonne. Du weißt, dass es nicht so ist, aber deinem Körper reicht das, um gewisse Prozesse für mehr Wohlbefinden und bessere Stimmung anzustoßen.

Darum braucht dein Körper natürliches Licht

Das Tageslicht begleitet den Menschen schon seit Millionen Jahren und beeinflusst bis heute unsere innere Uhr: Wir sind auf den Tag-Nacht-Rhythmus des natürlichen Lichts getrimmt. Man spricht auch vom zirkadianen Schlaf-Wach-Rhythmus.

Licht ermöglicht also nicht nur das Sehen, sondern wirkt auch biologisch:

Anders als seine Vorfahren verbringt der moderne Mensch mehr als 90 Prozent der Zeit in Innenräumen. Statt ungefiltertem Licht aus der Natur gibt es hier vor allem Kunstlicht. In den Wintermonaten ist der Anteil von Kunstlicht so hoch, dass der Hormonhaushalt bei vielen Menschen ins Wanken gerät.

Die lange Dunkelheit an Wintertagen sorgt dafür, dass zu viel Melatonin und zu wenig Serotonin ausgeschüttet wird. Da sind Müdigkeit und Erschöpfung vorprogrammiert. Die Lichttherapie bringt das Serotonin und Melatonin deines Körpers wieder ins Gleichgewicht.

Winterdepression, Antriebslosigkeit und Vitamin-D-Mangel: Wann helfen Tageslichtleuchten?

Im Herbst und Winter bekommen wir viel weniger Sonnenstrahlen ab als im Frühjahr und im Sommer. Dieser Lichtmangel drückt manchen Menschen auf das Gemüt und führt zu mangelndem Antrieb im Alltag. Bei anderen setzt der Winterblues ein.

Winterdepression oder Verstimmung?

Oft handelt es sich dabei eher um eine Verstimmung, als um eine echte Winterdepression, die in der Medizin seasonal affective disorder (SAD) genannt wird. Symptome sind beispielsweise extreme Müdigkeit, Erschöpfung und Heißhunger.

Ob eine Winterdepression vorliegt, sollte im Rahmen einer medizinischen Beratung geklärt werden. Doch egal ob Winterdepression oder leichte Abgeschlagenheit – die Lichttherapie mit Tageslichtleuchten kann Abhilfe schaffen.

Welche Symptome bekämpft die Lichttherapie?

Unter anderem lassen sich damit die folgenden Krankheiten und Beschwerden lindern:

Wie wirksam ist die Lichttherapie?

Die Wirksamkeit der Lichttherapie ist wissenschaftlich belegt. Sie hilft sogar bei Depressionen, die außerhalb der Wintermonate auftreten. Außerdem ist die Wirkung Therapien überlegen, bei der Medikamente zum Einsatz kommen.

„Insbesondere bei der Behandlung von Depressionen ließ sich der positive Effekt von individualisierbarem, biologisch wirksamem Licht mehrfach nachweisen", sagt Psychiater Dr. Wolf.

Human Centric Lighting – Lichttherapie zur Behandlung von Depressionen

In den Libermenta Kliniken kommt beispielsweise das sogenannte Human Centric Lighting zum Einsatz. Eine aufwendige Lichttechnik, die in den Patientenzimmern eingesetzt wird und den individuellen Bedürfnissen entsprechend programmiert werden kann. Sie erzeugt eine Lichtintensität von bis zu 10.000 Lux. Dabei werden sogar die Gegebenheiten des Raumes wie seine Größe oder Farbe berücksichtigt.

Mit den entsprechenden Leuchten ist es möglich, einen Raum lichttechnisch so auszustatten, dass ein Mensch jederzeit Licht mit passender Helligkeit und mit dem richtigen Farbspektrum ausgesetzt ist, um tageszeitabhängige biologischen Mechanismen im menschlichen Gehirn und Körper in Gang zu setzen.

Die richtige Anwendung der Tageslichtlampe: Depression und Müdigkeit vertreiben

Eine so umfangreiche Lichttechnik wie im Klinikkontext gibt es für zu Hause noch nicht, aber es gibt einfachere Tageslichtlampen für den Heimgebrauch.

Wenn du eine Tageslichtlampe verwenden willst, um Lichtmangel zu bekämpfen und glücklicher durch die Wintermonate zu kommen, haben wir Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengefasst.

Lass dich vorher ärztlich beraten: Nicht immer verträgt sich die Lichttherapie mit Medikamenten. Zudem kann eine Winterdepression bei einigen Menschen körperliche Ursachen wie Krankheiten haben. Dagegen kann die Lichttherapie nichts ausrichten.

Welche Lichtstärke und Lichtfarbe eignen sich?

Die Lichttherapie-Lampe orientiert sich am Sonnenlicht. Eine Leuchte für die Lichttherapie sollte zwischen 2.500 Lux und 10.000 Lux und rund 6.000 Kelvin haben.

Kurzausflug in die Physik: Beleuchtungsstärke, Lichtfarben und ihre Wirkung

Was hat es mit Kelvin und Lux auf sich? Kelvin gibt an, welche Farbtemperatur das Licht hat. Je höher die Zahl, desto kälter – also weißer – ist das Licht. Sonnenlicht deckt das gesamte Farbspektrum ab. Mittags ist der Blauanteil besonders hoch und damit auch die Farbtemperatur: Sie liegt bei knapp 6.000 Kelvin.

Damit muss auch eine Tageslichtlampe mithalten können. Viele LED-Glühlampen liegen dagegen nur bei 2.700 Kelvin. Die Lichtfarbe beeinflusst das Gemüt: Eine warme Lichtfarbe wirkt entspannend, kühles Licht aktiviert und fördert die Konzentration.

Daneben spielt auch die Beleuchtungsstärke eine Rolle. Sie wird in Lux (lx) angegeben und sagt aus, wie intensiv eine Fläche von einer Lichtquelle beleuchtet wird.

Schreibtischlampe vs. Sonne

Für Lampen über dem Schreibtisch im Office sind mindestens 500 lx vorgeschrieben. Zum Vergleich: An einem wolkenlosen Sommertag kann das Sonnenlicht 100.000 lx erreichen.

Wie lange und wie oft am Tag wird die Lichttherapie durchgeführt?

Die Lichttherapie sollte einmal täglich für 30 bis 40 Minuten durchgeführt werden. Bei 10.000 lx fällt die tägliche Behandlung kürzer aus als bei geringeren Beleuchtungsstärken. Für einen guten Start in den Tag kannst du direkt morgens deine Dosis Wohlfühllicht tanken.

Setze dich etwa einen halben Meter entfernt vor die Leuchte und schaue immer mal wieder in ihre Richtung. Die Tageslichtlampe verfügt zwar über einen UV-Filter, dennoch ist sie sehr hell. Deshalb empfiehlt es sich, während der Behandlung nicht die ganze Zeit direkt in das Licht zu sehen.

Die Behandlung kannst du ein bis zwei Wochen lang durchführen. Viele Menschen berichten, dass ihre Stimmung nach dieser Zeit schon wesentlich besser war.

FAQ zu Tageslichtlampen

Ja, sie ist aus mehreren Gründen gut für die Gesundheit:

  • Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Therapien mit Tageslichtlampen einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben.
  • Die Behandlung regt die Ausschüttung von Serotonin an und unterbindet tagsüber die übermäßige Produktion von ermüdendem Melatonin.
  • Die Lampe hilft dabei, verschiedene Symptome von Lichtmangel wie getrübte Stimmung zu vertreiben, wacher zu sein und den Hormonhaushalt ins Gleichgewicht zu bringen.

Wie lange du deine tägliche Lichttherapie durchführen solltest, hängt ganz von den inneren Werten deiner Lampe an. Relevant ist vor allem die Beleuchtungsstärke. Je höher die Lichtintensität, desto weniger Zeit musst du für deine Lichttherapie einplanen:

Bei 10.000 Lux reicht bereits eine dreißigminütige Anwendung, bei geringeren Intensitäten kannst du bis zu zwei Stunden in dem sommerlichen Licht baden.

Damit der Körper das Vitamin produzieren kann, benötigt er UV-B-Strahlung, die im Freien vor allem über die Haut aufgenommen wird. Der Vitamin-Vorrat wird im Sommer aufgefüllt und sinkt im Winter ab.

Die Tageslichtlampe imitiert zwar natürliches Sonnenlicht. Allerdings filtert sie den UV-Anteil des Lichts heraus. Denn zu viel davon schadet der Haut. Deshalb hilft eine Tageslichtleuchte zwar gegen Winterdepression, aber nicht gegen Vitamin-D-Mangel.

Grundsätzlich geht von einer Tageslichtlampe keine Gefahr für deine Gesundheit aus. Im Gegenteil. Auch um deine Augen musst du dir keine Gedanken machen. Jede Tageslichtlampe verfügt über einen UV-Filter und lässt gefährliche Strahlung gar nicht erst zu deinen Augen durchdringen.

Das gilt übrigens auch für Fensterscheiben. Deshalb kannst du zu Hause auch keinen Sonnenbrand bekommen.

Die Lichttherapie orientiert sich am Vorbild der Natur. Die positive Wirkung des Sonnenlichts auf den Organismus soll so gut wie möglich imitiert werden. Deshalb sind die Farbtemperatur und die Beleuchtungsstärke von Lichttherapie-Lampen an den Werten des Sonnenlichts ausgerichtet.

Eine wirksame Lampe verfügt über tageslichtweißes Licht mit 6.000 Kelvin und strahlt mit bis zu 10.000 Lux – „so hell wie der lichte Tag“, um es mit den Werbeworten von Osram zu sagen.

Dr. Karsten Wolf
HIER SCHREIBT Dr. Karsten Wolf

Privatdozent Dr. Karsten Wolf ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Ärztlicher Leiter der Libermenta Klinik Schloss Gracht. Seine Behandlungsfelder reichen von Depression, Burnout, Schizophrenie, Angst- und Zwangsstörungen über Trauma-Folgeerkrankungen bis hin zur dissoziativen und bipolaren Störung. Seine Habilitation erfolgte auf dem Gebiet der experimentellen und angewandten Emotionsforschung. Seit 2012 wird er jährlich bei der Auszeichnung der Top-Mediziner Deutschlands von Focus berücksichtigt.

ottonova Logo
HIER SCHREIBT ottonova Redaktion

Hi, wir sind die ottonova Redaktion. Zusammen mit Gesundheitsexpert:innen und unseren ottonova Versicherungsprofis recherchieren wir für dich jeden Tag, wie du gesünder lebst, dich richtig krankenversichern kannst und wie die Digitalisierung dein und unser Leben einfacher macht.

Weitere Artikel