Superhirn oder Schussel? - So funktioniert dein Gedächtnis

Du greifst in deinem Job Tag für Tag auf jahrelang angesammeltes Wissen zurück? Eine gute Gedächtnisleistung macht’s möglich. Aber tatsächlich hast du nicht ein Gedächtnis, sondern drei! Wir erklären, welche Mammutaufgaben sie jeden Tag bewältigen, damit du leben kannst.

Inhalt des Ratgebers

Stell dir vor, du würdest morgens an einer Pommesbude aufwachen. In deiner Tasche sind 50 €, zwei Feuerzeuge und eine Schachtel Zigaretten. Mehr weißt du nicht, denn dein Gedächtnis streikt. Du hast keine Ahnung, wer du bist oder wo du herkommst. Klingt unglaublich, aber 2011 ist genau das einem 54-Jährigen in Köln passiert. Erst als sein Foto in den Medien erschien, meldeten sich Bekannte und klärten seine Identität auf. Gedächtnisverluste dieser Art können nach einem Unfall oder einem Hirnschlag auftreten.

Es gibt aber auch Menschen, die mit ihrem Gedächtnis Unglaubliches zustande bringen. Der Rechtsanwalt Simon Reinhard stellte mit 32 Jahren einen Weltrekord im Zahlenmerken auf. Er behält 2.000 Zahlen pro Stunde im Kopf!

Zwar ist nicht jeder ein Gedächtniskünstler, aber auch ein Normalsterblicher erinnert sich an tausend Details: zum Beispiel an den Kindergeburtstag vor 25 Jahren, als es eine Kuchenschlacht gab, oder an den Radfahrer, der bei der Führerscheinprüfung eine Notbremsung erforderte. Da stellt sich doch die Frage: Wie funktioniert das Gedächtnis eigentlich?

Sensorisches Gedächtnis: Wie aus Mikro-Informationen sinnvolle Zusammenhänge werden

Für verschiedene Informationen gibt es entsprechende Schubladen, also Gedächtnisarten. An den Geschmack der Salami-Pizza von gerade eben erinnern wir uns mit einem anderen Teil des Gedächtnisses als an unseren ersten Schultag.

Im sensorischen Gedächtnis werden Informationen für sehr kurze Zeiträume gespeichert, manchmal sogar nur für den Bruchteil einer Sekunde. Du brauchst es zum Beispiel, um nicht mitten im Satz den Anfang zu vergessen.

Das sensorische Gedächtnis speichert auch visuelle Eindrücke („ikonisches Gedächtnis“). Nehmen wir an, die hübsche Kollegin geht im Flur an dir vorbei. Auch wenn du sie nicht mehr siehst, weißt du noch, dass ihr Kleid gelb war. Das ist für dich selbstverständlich? Klar, aber nur, weil der komplexe Computer in deinem Kopf die Informationen entsprechend verarbeitet hat. Nur wenn die sensible Verdrahtung funktioniert, kannst du ein normales Leben führen.

Sensorisch Gedaechtnis
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Jede Sekunde erreichen Informationen im Umfang von einer Milliarde Bits dein Gehirn. Damit es nicht mit Datenmüll verstopft wird, werden die meisten dieser Mikro-Informationen sofort ausgewertet und bei Bedarf gelöscht. Nur was dich interessiert, berührt oder dich persönlich betrifft, wandert weiter ins Kurzzeitgedächtnis. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn dir das gelbe Kleid wirklich gut gefallen hat.

Online-Gedächtnistraining für zuhause

Deine Gedächtnisleistung kannst du trainieren. Hier eine einfache Gedächtnisübung:

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Wenn du am Ende des Artikels angekommen bist, prüfe, ob du noch alle weist. Du kannst die Übung mit beliebigen Namen wiederholen.

Online-Gedächtnistraining kannst du von überall aus machen, zum Beispiel via App. Beliebt ist die App Fit Brain Trainer, die 50 Spiele und 500 Workouts bietet. Neurowissenschaftler haben verschiedene Level entwickelt, damit es nicht langweilig wird. Deinen Fortschritt kannst du anhand der Statistiken prüfen

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Welche Gedächtnisleistung steckt im Kurzzeitgedächtnis?

Das Kurzzeitgedächtnis speichert Informationen für wenige Sekunden bis Minuten. Es kann sich fünf bis neun Einheiten gleichzeitig merken. Deshalb wird es dir schwerfallen, dich an eine lange Reihe von Zahlen zu erinnern. Zum Glück gibt es ein paar einfache Tipps, wie du dein Kurzzeitgedächtnis trainieren kannst, um es trotzdem zu schaffen.

Du brauchst das Kurzzeitgedächtnis nicht nur, um die Telefonnummer eines neuen Kollegen abzuspeichern, sondern auch bei ganz alltäglichen Dingen, zum Beispiel wenn du Zahlen addierst oder einen Film schaust. Wie komplex diese Mechanismen sind, merken Wissenschaftler, die an künstlicher Intelligenz arbeiten. Menschliches Erkennen nachzubilden, ist eine große Herausforderung, basiert sie doch auf einem Netzwerk von Milliarden Nervenzellen!

Das Kurzzeitgedächtnis hilft dir, Zusammengänge herzustellen. Da die Speicherkapazitäten begrenzt sind, werden die Informationen bald gelöscht oder ins Langzeitgedächtnis verschoben. Im Schnitt bleiben die Daten 18 Sekunden verfügbar.

Nur wichtige Informationen landen im Langzeitgedächtnis

Wer wärst du, wenn du keine Vergangenheit hättest? Deine Erfahrungen machen dich aus und verweben sich zu einer Geschichte, die schließlich deine Identität bildet. Ohne Langzeitgedächtnis wäre das nicht möglich.

Nur die wichtigsten Informationen landen im Langzeitgedächtnis. „Wichtig“ sind vor allem emotionale Erlebnisse, aber auch Daten oder Fakten, die ständig wiederholt werden. Das Langzeitgedächtnis sorgt dafür, dass du Monate später noch weißt, warum ein Projekt gut lief oder wie die hübsche Kollegin heißt.

Das sogenannte deklarative Gedächtnis enthält Fakten, die du beschreiben kannst. Dazu zählt etwa ein Vorstellungsgespräch vor fünf Jahren. Du kannst dich besonders gut daran erinnern, wenn du zum Beispiel ein Glas Wasser umgeworfen hast. Andere Vorstellungsgespräche, die austauschbar waren, hast du nur noch vage im Kopf. Erinnerungen aus deinem Leben werden im sogenannten episodischen Gedächtnis abgespeichert.
Deklarativ Gedaechtnis

Aber natürlich weißt du auch, wie die Hauptstadt von Deutschland heißt und wann dein Bruder Geburtstag hat. Faktenwissen liegt im „semantischen Gedächtnis“.

Dir fällt es schwer, dich an Geburtstage zu erinnern? Verknüpfe die Zahl mit einem Bild oder einer Geschichte, um ihr einen emotionalen Anstrich zu geben. Dann ist die Information automatisch wichtiger für dein Gehirn und bleibt eher hängen. Du kannst dir zum Beispiel deinen Bruder vorstellen, wie er in seinem Wohnzimmer steht und Konfetti über das Datum 20.03.1982 wirft, das in großen Zahlen auf dem Teppich steht. Je skurriler das Bild, desto einprägsamer!

Auch Bewegungen werden im Langzeitgedächtnis gespeichert. Schließlich kannst du auch heute noch Purzelbäume schlagen, auch wenn der letzte 20 Jahren her ist. Diese Informationen werden im non-deklarativen Gedächtnis abgelegt. Dort findet auch die automatische Wiedererkennung bereits bekannter Personen oder Gegenstände statt („perzeptuelles Gedächtnis“).

Du möchtest mehr trainieren? Dann versuch's mal mit Gehirnjogging! Und wie hießen noch einmal die vier Damen und Herren, deren Namen du dir merken solltest?

Natalie Decker
HIER SCHREIBT Natalie Decker

Natalie arbeitet seit 15 Jahren als Redakteurin. Neben Lifestyle-Themen wie Kochen und Reisen gehören Medizin & Gesundheit zu ihren Schwerpunkten. Sie schreibt unter anderem für das Online-Portal gesund-vital.de und den Ratgeber-Verlag Gräfe und Unzer.

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