Tollwut-Impfung: verhindert sie die tödliche Gefahr?

Tier und Mensch gehören zusammen, das ist ganz klar. Wer streichelt nicht gerne einen kleinen süßen Hund? Aber es gibt Situationen, da solltest du lieber Abstand von den Vierbeinern nehmen: Das Thema Tollwut ist noch nicht ganz erledigt.

21. Mai 1986, Psychiatrische Klinik Eppendorf: Eine 29-jährige Engländerin wird in die Klinik eingewiesen. Sie war zunächst durch depressives, später dann aggressives Verhalten und Halluzinationen aufgefallen. In Gesprächen mit der Patientin wurde die Ursache des rätselhaften Verhaltens schnell klar: Wenige Monate zuvor, im Februar 1986, hatte ein Hund die Frau während eines Aufenthalts in Indien gebissen.

Eine Tollwut-Impfung kurz nach den Bissen hatte die Frau in Indien aus Geldmangel unterlassen und auch nach ihrer Rückkehr in Deutschland nicht vorgenommen. Die schwerwiegende Folge: Knapp drei Wochen nach ihrer Einlieferung starb die Frau an den Folgen der Tollwut.

Ein solcher Fall von Tollwut, der sich wie aus dem Lehrbuch liest, ist heute zum Glück kaum noch denkbar. Wir zeigen dir ganz genau, was du über Tollwut wissen solltest und ob es die Gefahr auch für dich in Deutschland gibt.

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Was ist Tollwut?

Bei Tollwut handelt es sich um eine schnell fortschreitende Virusinfektion des zentralen Nervensystems (ZNS), die in weiten Teilen der Welt verbreitet ist. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jährlich rund 59.000 Menschen daran. Die Hauptendemiegbiete, also die Gebiete, in denen Tollwut andauernd und gehäuft vorkommt, liegen vor allem in Indien, Afrika, China, Südostasien sowie Mittel- und Südamerika. Hier ist die Tollwut bei Wild- und Haustieren verbreitet. In Europa war bis 2008 der Rotfuchs besonders gefürchtet.

So wird Tollwut übertragen

Das sogenannte Rabiesvirus, der Erreger der Tollwut, befällt Säugetiere und selten auch Vögel. Ist ein Tier infiziert, kommt es zur Virusvermehrung im Zentralnervensystem (ZNS) und von dort ausgehend zur Erregerstreuung. Ausgeschieden werden die Viren dann im Speichel. Durch einen Biss oder den Kontakt von infiziertem Speichel mit offenen Wunden wird die Tollwut auf den Menschen übertragen. Die meisten Todesfälle sind Folge eines Bisses durch einen tollwutinfizierten Hund.

Laut WHO sind in 99 Prozent der weltweiten Fälle aller Tollwutinfektionen Bisse oder Kratzer von Hunden für die Übertragung des Tollwutvirus auf den Menschen verantwortlich.

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Wie verläuft die Tollwut?

Die Tollwut-Inkubationszeit (die Zeitspanne von der Ansteckung bis zum Erscheinen der Symptome) beträgt drei bis acht Wochen, manchmal sogar Jahre. Anfangs äußern sich die Beschwerden als Kopfschmerzen oder Appetitlosigkeit. Der Bereich der Bisswunde brennt und ist schmerzempfindlich. Dann folgt die nächste Phase, die entweder enzephalitisch oder paralytisch verläuft:

​Enzephalitisch (Gehirnentzündung)

Es kommt zu Funktionsausfällen des Gehirns und einer ausgeprägten Hydrophobie, also der Wasserangst. Allein die optische oder akustische Wahrnehmung führt zur Angst vor dem Trinken und damit zu Unruhe und Krämpfen. Erinnerst du dich noch an die Szene mit dem Schaum vor dem Mund? Durch die Schluckstörungen fließt der Speichel verstärkt aus. Neben der Angst vor Wasser kommt es außerdem zu Aerophobie, der Angst vor Zugluft. Und auch das aggressive Wesen, von dem anfangs die Rede war, ist kein Produkt der Fantasie.

Paralytisch („lähmend“)

Finden die Veränderungen eher an den Nerven des Rückenmarks statt, sind Lähmungen und Muskelschwächen ein Kennzeichen. Diese Form der Tollwut ist oftmals schwer von anderen Krankheiten abzugrenzen.

Zwischen dem Auftreten der ersten Symptome bis zum Tod liegen oft nur wenige Tage. In der Regel bildet das Koma die dritte und abschließende Phase der Erkrankung. Es kommt zu Atemlähmung, Organversagen und Lähmung der Herzmuskulatur.

Tollwut in Deutschland – gibt es das noch?

Das hört sich ziemlich grausam an und am liebsten würdest du direkt zum Arzt laufen und dich impfen lassen? Lies noch einen Moment weiter, denn wir haben auch gute Nachrichten:

Deutschland gehört zu den Ländern, in denen die Tollwut bei Wild- und Haustieren ausgerottet werden konnte und das schon vor mehr als zehn Jahren. Der letzte identifizierte Tollwutanfall bei einem Wildtier trat 2006 bei einem Fuchs auf, der letzte bei einem Menschen im Jahr 2007. Es handelte sich dabei um einen Mann, der in Marokko von einem Straßenhund gebissen wurde. Durch gezielte und systematische Impfmaßnahmen – Impfköder für Wildtiere, Impfen von Haustieren – wurde die Übertragungskette erfolgreich unterbrochen und der europäische Raum ist weitgehend tollwutfrei.

Schlachtplan gegen die Tollwut

Der Plan „Zero by 30“ der WHO hat das Ziel, bis zum Jahr 2030 alle Tollwutinfektionen, die durch Hunde übertragen werden, auszurotten. Die Krankheit lasse sich zu 100 % durch Impfungen vermeiden. Dennoch stirbt alle neun Minuten ein Mensch daran. Unter den jährlich 59.000 Tollwutopfern sind 40 % Kinder unter 15 Jahren. Die meisten davon aus Asien oder Afrika.

Doch ein Restrisikofaktor für Tollwut in Deutschland bleibt: die Fledermaus. Ein Teil der heimischen Fledermäuse ist mit den nahverwandten Lyssaviren infiziert. Hier muss prinzipiell von der gleichen Gefahr wie bei der Fuchstollwut ausgegangen werden: Allerdings trat der letzte durch einen Fledermausbiss verursachte Todesfall in Europa 2002 in Schottland auf. Das Risiko, dich in Deutschland mit Tollwut zu infizieren, ist also relativ gering. In anderen Ländern sieht das dafür anders aus. Wenn du einige Dinge beachtest, musst du auf deine Reise um die Welt nicht verzichten.

Restrisiko Deutschland Fledermaus Restrisiko in Deutschland: Die Fledermaus

Du reist nach Indien und wirst dort von einem tollwutverdächtigen Hund gebissen – das musst du tun:

Sofort die kontaminierte Wunde mit Wasser und Seife reinigen, das nennt sich „Auswaschen des Erregers“. Bist du nicht geimpft, kann ein Arzt außerdem eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) durchführen, also eine Impfung nach Ansteckung, um den Ausbruch der Krankheit zu vermeiden. Ganz wichtig: Diese muss unverzüglich nach dem Biss stattfinden und darf auch nicht von Laboruntersuchungen verzögert werden. In jedem Fall muss die Impfung vor dem Erscheinen von Tollwut-Symptomen erfolgen, ansonsten ist der Impfstoff sicher unwirksam.

Die PEP ist zusammengesetzt aus einer aktiven Immunisierung, der Tollwut-Schutzimpfung (Rabipur-Impfung) und der simultan verabreichten passiven Immunisierung, den Tollwut-Antikörpern. Wer bereits vorher geimpft wurde, erhält nur den Tollwut-Impfstoff Rabipur.

Die aktive Impfung

enthält abgetötete Virusbestandteile, sodass der Körper einen Eigenschutz bildet, indem er Antikörper gegen das Virus bildet.

​Die passive Impfung

enthält fertige Antikörper (Immunglobuline), die das Tollwut-Virus im Körper direkt bekämpfen.

Auch bei Kratzern von tollwutverdächtigen Tieren oder wenn diese bei dir an offenen Hautstellen lecken, solltest du sofort einen Arzt aufsuchen. Dieser verabreicht dann den aktiven Tollwut-Impfstoff.


Wann macht es Sinn, sich impfen zu lassen?

Das beste Mittel gegen Tollwut ist immer noch, sich vor einem Biss zu schützen.

Da tollwütige Tiere zu Beginn der Erkrankung ihre Scheu vor Menschen verlieren, solltest du also auf Distanz gehen, wenn du dieses Verhalten bei einem sonst scheuen Tier beobachtest. Weil die Erkrankung so dramatisch verläuft, werden in Deutschland Impfungen gegen Tollwut empfohlen für Personen, die:


Tollwut-Impfung: Kosten und Übernahme Krankenversicherung

Kosten werden von der Krankenversicherung auf Basis der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) übernommen. Diese beinhaltet private Auslandsreisen in Regionen mit hoher Tollwut-Gefährdung. Kein Grund also, gleich in Panik zu verfallen, aber es schadet nie, sich zu informieren. Gerade, wenn du viel auf Reisen bist, ist Impfschutz dein bester Begleiter. Übrigens sind Impfungen gegen Tollwut gut verträglich und haben kaum Nebenwirkungen. Mehr Informationen dazu gibt dir dein Arzt.


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Marie-Theres Rüttiger
HIER SCHREIBT Marie-Theres Rüttiger

Marie-Theres ist Online Redakteurin für Gesundheits- und Versicherungsthemen bei ottonova. Sie konzipiert den Redaktionsplan, recherchiert und schreibt vor allem über (E-)Health und Innovation, die das Leben besser machen. 

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