„Der Arzt ist und bleibt Ansprechpartner für den Patienten“
5 Fragen zum Thema Telemedizin an Fabian Demmelhuber, Leiter Referat Versorgungsinnovationen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns.
5 Fragen zum Thema Telemedizin an Fabian Demmelhuber, Leiter Referat Versorgungsinnovationen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns.
Inhalt des Ratgebers
ottonova: Was ist unter Telemedizin zu verstehen?
Fabian Demmelhuber: Telemedizin ist im Kontext der Digitalisierung zu betrachten, die aus dem Gesundheitswesen nicht mehr wegzudenken ist. Gesundheitsantworten geben heute nicht mehr nur Ärzte, sondern jeder Bürger hat die Möglichkeit, Antworten im Internet zu finden. Es ist deshalb eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die digitale Gesundheitskompetenz zu stärken und die Potenziale, die sich daraus ergeben, zu nutzen. Unbenommen davon muss der Arzt jedoch weiterhin der zentrale Ansprechpartner für den kranken Patienten sein. Zudem steht Telemedizin natürlich auch für digitale Instrumente, die der Arzt zur Versorgung seines Patienten einsetzen kann, wie Videosprechstunden, Telekonsile oder Telemonitoring.
Welche Rolle spielen Patienten im digitalisierten Gesundheitswesen?
Es gehört bereits zum Alltag, dass der Patient über Fitness-Gadgets und ähnliche Geräte Gesundheitsinformationen sammelt. Damit kommt er automatisch in die Situation, selbst entscheiden zu müssen, wie er mit diesen Informationen umgeht. Das ist die Perspektive des Versicherten. Der Arzt wird auf der anderen Seite mit weit mehr Informationen zu seinen Patienten konfrontiert als in der Vergangenheit und muss im Dialog mit dem Patienten entscheiden, welche Informationen davon tatsächlich relevant für das Gesundheitsbild des Patienten sind.
Was sind die größten Hebel für die Umsetzung von Telemedizin?
Grundsätzlich stellt sich die Frage, wo eigentlich die Potenziale von Telemedizin liegen. Man kommt schnell zu dem Punkt, dass es einen Impulsgeber für die Digitalisierung im Gesundheitswesen geben muss. In Deutschland wird insbesondere die elektronische Patientenakte diskutiert. Diese Anwendung gibt dem Patienten Transparenz über sein Leistungsgeschehen. Wir glauben aber nicht, dass sich damit die Potenziale der Digitalisierung im Gesundheitswesen vollständig heben lassen. Für eine bessere Qualität und mehr Effizienz braucht es digitale Anwendungen, mit denen Health-Care-Professionals sich im Auftrag des Patienten digital untereinander vernetzen können. Damit werden sie in der Lage sein, Informationen strukturiert aufzubereiten und in den Versorgungsalltag zu integrieren.
„Wir glauben nicht, dass sich mit der elektronischen Patientenakte die Potenziale der Digitalisierung im Gesundheitswesen vollständig heben lassen.“
Jetzt twitternIn einigen Teilen Deutschlands und weltweit wird die Digitalisierung im Gesundheitswesen bereits ausprobiert. Welche Praxisbeispiele sind besonders beeindruckend?
International hat mich die Software von Epic beeindruckt, die vor allem in den USA im Einsatz ist. Über 60 % aller relevanten Gesundheitsdaten der USA laufen über diese Software. Dabei beeindruckt mich besonders, wie Spracherkennung in die Software integriert wird. Über die Nutzung solcher digitalen Funktionen sind enorme Effizienzgewinne in Arztpraxen möglich. Das betrifft etwa die Dokumentation und die Interaktion der dokumentierten Daten auf der Plattform mit bereits bestehenden Daten. Plattformen wie diese sind noch in der Entwicklung, aber sie machen mögliche Effizienzgewinne deutlich, wodurch mehr Zeit für die Interaktion mit dem Patienten bleibt.
Welcher digitale Trend zeichnet sich im deutschen Gesundheitswesen derzeit ab?
Für mich sind das KI-Systeme, die zum Beispiel für einen Radiologen Punkte aufgreifen, die er in seiner täglichen Arbeit gar nicht berücksichtigen kann. Es geht nicht darum, ihn zu ersetzen, sondern ihn durch intelligente Systeme bei Diagnoseentscheidungen zu unterstützen. Das ist für mich ein Paradebeispiel, das nicht nur in der Radiologie, sondern auch in anderen Bereichen zum Einsatz kommen kann.
Vielen Dank für das Gespräch!
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