Das Internet der medizinischen Dinge: Chance & Risiko

Die Digitalisierung der Gesundheitsbranche ist in vollem Gange. Werden zukünftig smarte Geräte Alarm schlagen, wenn unser Herzschlag aus dem Takt ist? Werden Roboter in ein paar Jahren Operationen durchführen und Hacker mit Patientendaten handeln? Wir wagen einen Blick in die Glaskugel.

Inhalt des Ratgebers

Internet of medical Things - kurzer Überblick:

  • Das Internet der medizinischen Dinge (IoMT) vernetzt medizinische Geräte, um Daten zu sammeln und eine effektivere Patientenbehandlung zu ermöglichen. Dies kann die Patienten-Compliance verbessern und Ärzten in Echtzeit Warnsignale über Gesundheitsprobleme senden.
  • Vernetzte Geräte ermöglichen präzise und individuell angepasste Behandlungen, wie smarte Medikamenten-Dispenser, Insulinpumpen oder Frühwarnsysteme für Herz- und Lungenerkrankungen.
  • IoMT birgt Datenschutz- und Sicherheitsrisiken, da sensible Gesundheitsdaten für Cyberkriminelle attraktiv sind. Sichere Infrastrukturen und strenger Datenschutz sind daher unerlässlich.

Was ist das Internet der medizinischen Dinge (IoMT)?

Was versteht man unter dem Internet of Things (IoT)?
Das Internet of Things, kurz IoT (auf Deutsch „Internet der Dinge“), beschreibt ein Netzwerk aus miteinander verbundenen Objekten und Geräten, die mit Sensoren, Software und weiteren Technologien ausgestattet sind. Diese „Dinge“ können Daten untereinander sowie mit verschiedenen Systemen austauschen und empfangen. Das IoT findet heute besonders in der Industrie weite Verbreitung, was oft als Industrial Internet of Things (IIoT) bezeichnet wird und im Zusammenhang mit der vierten industriellen Revolution, bekannt als Industrie 4.0, steht.

Vielleicht hast du schon ein Fitnessarmband am Handgelenk, das sich mit einer App verbindet, um deine Schritte zu zählen. Natürlich bietet das Internet der Dinge noch viel mehr Möglichkeiten. In Zukunft könnte es im Gesundheitsbereich wertvolle Dienste leisten, um Patienten und Patientinnen schneller und effizienter behandeln zu können. Schauen wir uns an, was bald alles möglich sein könnte.

Warum ist das Internet of Things (IoT) so wichtig?

In den vergangenen Jahren hat sich das IoT zu einer der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts entwickelt. Da alltägliche Gegenstände wie Haushaltsgeräte, Autos, Thermostate und Babyphones jetzt mithilfe eingebetteter Geräte mit dem Internet verbunden werden können, wird eine reibungslose Kommunikation zwischen Menschen, Prozessen und Objekten ermöglicht.

Durch den Einsatz kostengünstiger Technologien wie Cloud-Computing, Big Data, Analysen und mobiler Systeme können physische Objekte Daten erfassen und austauschen, wobei nur wenig menschliche Interaktion erforderlich ist. In dieser stark vernetzten Welt können digitale Systeme jede Interaktion zwischen den vernetzten Objekten aufzeichnen, überwachen und optimieren. So verschmelzen die physische und digitale Welt und arbeiten nahtlos zusammen.

Wie das Internet der medizinischen Dinge die Patienten-Compliance verbessern kann

Eine Behandlung ist nur so gut wie der Arzt oder die Ärztin, die sie durchführen, und der Patient oder die Patientin, der seine Ratschläge befolgt. Wie soll ein Medikament den Bluthochdruck verringern, wenn es der Patient immer wieder vergisst? Und wie soll die Diabetes-Behandlung gelingen, wenn der Patient ständig Pommes und Brötchen isst und sich zu wenig bewegt?

Tatsächlich lässt die sogenannte „Compliance“ laut WHO bei 50 Prozent der Patient:innen zu wünschen übrig. Das bedeutet, viel zu wenige Patienten und Patientinnen halten sich an die gut gemeinten Empfehlungen ihrer Ärzte.

Helfen könnte hier das Internet der medizinischen Dinge. Smarte Medikamenten-Dispenser könnten merken, wenn ein Patient seine Arzneimittel vergessen hat. Diabetiker können sogar von einer smarten Insulinpumpe profitieren, die für eine korrekte Insulinabgabe sorgt. 2020 ist die erste bereits auf dem Markt erschienen. Eine schlaue Toilette könnte in Zukunft bei Blut im Stuhl oder einer ungesunden Ernährung Alarm schlagen. Und die Fitnessuhr meldet sich bereits jetzt zu Wort, wenn sich ihr Träger zu wenig bewegt.

Vernetzte Medizingeräte: Frühwarnsysteme für Ärzte bei Herz- und Lungenerkrankungen

Manche Geräte schlagen nicht beim Patienten und Patientinnen Alarm, sondern bei seinem Arzt oder Ärztin. Patient:innen mit einem höheren Risiko für Herzerkrankungen können von vernetzen Geräten profitieren, die den Herzrhythmus messen. Stellen sie abnormale Herzschläge fest, könnte schnell eine Maßnahme eingeleitet werden. Ähnliches gilt für Patienten und Patientinnen, die Lungenprobleme haben. Ein schlauer Lungenkatheter könnte das Krankenhauspersonal alarmieren, sobald sich der Lungendruck negativ verändert.

Gesund bleiben mit Hilfe von Internet of medical things (IoMT)

Am besten ist es natürlich, gar nicht erst krank zu werden. Smarte Geräte könnten dir dabei helfen: Wenn mit deinem Blutdruck oder deinem Blutzuckerspiegel etwas nicht stimmt, könnten sie dich darauf aufmerksam machen. Ohne technische Hilfe bleiben entsprechende Veränderungen meist unbemerkt, bis ernste Symptome auftreten. Diabetes kann dazu führen, dass du ständig krank und müde bist. Bluthochdruck erhöhet das Herzinfarkt-Risiko.

Schneller agieren im Notfall

Stell dir vor, du stürzt beim Downhill-Fahren und bist bewusstlos. Denkbar wäre ein schlaues Rad, das den Sturz bemerkt und automatisch den Rettungsdienst kontaktiert. Wenn du im Krankenwagen liegst, könnten wichtige Daten direkt ans Krankenhaus gesendet werden. Dort könnte bereits ein Behandlungsplan erstellt werden, bevor du eintriffst. Wenn du ankommst, wäre das Personal bereits voll im Bilde und alle Geräte stünden bereit.

Operieren im Homeoffice

Stell dir vor, du wachst morgens auf und hast Bauchschmerzen. Erst denkst du dir nichts dabei, aber ein paar Wochen später stellst du fest, dass du enorm an Gewicht verloren hast. Der Bauch tut dir immer wieder weh und deine Augen haben einen leichten Gelbstich. Dir schwant Übles und du gehst zum Arzt oder zu deiner Ärztin. Dort erhältst du eine erschreckende Diagnose: Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Diese Art von Tumor ist schwer zu operieren. Aber du hast von einem Spezialisten in Japan gehört, der Experte auf diesem Gebiet ist und sich selbst an ungünstig gelegene Tumoren wagt. Dank IoMT könnte diese Koryphäe in Japan einen Operationsroboter steuern, der den Eingriff in Deutschland durchführt.

Bereits heute dienen Roboter als Operationsunterstützung. In Zukunft wäre das genannte Szenario aber ebenfalls denkbar.

Bequem alt werden im eigenen Zuhause

Die meisten Menschen möchten nicht ins Pflegeheim, selbst wenn ihre körperlichen und geistigen Kräfte nachlassen. Das Internet der Dinge könnte ihnen ermöglichen, zu Hause zu bleiben, ohne ständig betreut zu werden. Sturzsensoren in der Treppe könnten sofort melden, wenn Oma oder Opa hingefallen sind. Auch ein schlauer Briefkasten könnte reagieren, wenn der Betroffene nicht wie jeden Tag die Post holt und offensichtlich etwas faul ist.

Wenn mehr Menschen im Alter zu Hause bleiben können, kommt das übrigens nicht nur den Betroffenen zugute. Schließlich ist bekannt, dass der demographische Wandel zu immer größeren Herausforderungen führt. Immer weniger Berufstätige müssen immer mehr Alte finanzieren. Kosten zu sparen, wo es gut möglich ist, könnte die Belastung etwas reduzieren.

Diese Risiken bringt das Internet der medizinischen Dinge mit sich

Die einen bekommen glänzende Augen, wenn sie an all die Möglichkeiten der Digitalisierung denken. Die anderen fürchten um ihre Privatsphäre. Vielleicht fühlt sich ein Diabetiker in naher Zukunft beobachtet, wenn er sich ein leckeres, aber eigentlich verbotenes Schoko-Croissant mit Zuckerglasur einverleibt. Und vielleicht muss er dann deutlich tiefer in die Tasche greifen, weil seine Krankenkassenpolice entsprechend teurer wird. All das ist möglich, doch das wohl größere Risiko liegt im Datenschutz.

Klar ist: Das Internet der medizinischen Dinge wird gigantische Mengen an Daten produzieren. Die müssen natürlich vor neugierigen Blicken Unbefugter geschützt werden. Die Herausforderung wird sein, in Krankenhäusern einfach zu handhabende, aber dennoch sichere Infrastrukturen zu schaffen.

Große IoMT-Systeme können tausende Geräte und Sensoren miteinander verbinden. Diese Komplexität bietet Hackern viele Angriffsmöglichkeiten. Das Netzwerk muss also so gut geschützt sein, dass professionelle Cyber-Kriminelle trotzdem keine Chance haben.
Das ist übrigens bereits jetzt ein Problem. 2017 stürmten Hacker mehrere Krankenhausnetzwerke in ganz Europa. In Großbritannien mussten Pflege und Behandlung in 16 Krankenhäusern tagelang unterbrochen werden.

Im gleichen Jahr wurden vernetzte Herzschrittmacher zurückgerufen, weil sie Sicherheitslücken aufwiesen. Über Funkschnittstellen wäre es möglich gewesen, die Batterien lahmzulegen oder die Frequenz des Herzschrittmachers zu stören. Das wiederum wäre lebensgefährlich für die Patienten und Patientinnen gewesen. Zwar ist vor der Rückrufaktion kein derartiger Fall aufgetreten. Aber das Szenario zeigt, dass der technische Fortschritt manchmal schneller ist als der kritische Blick der Anbieter. Schließlich wäre es durchaus möglich gewesen, die Sicherheitslücke bereits bei der Herstellung zu identifizieren und mit geeigneter Software zu beheben.

Die Infrastruktur der Krankenhäuser ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist die elektronische Patientenakte, die die Daten eines bestimmten Patienten oder einer Patientin erfasst. Alles, was diverse Sensoren zusammengetragen haben, könnte hier Eingang finden. Deshalb spielt auch hier der Datenschutz eine große Rolle, sind Gesundheitsdaten doch besonders sensibel. Cyberkriminelle könnten mit diesen Daten Erpressungsversuche starten. Es heißt, Patientendaten seien im Darknet sogar begehrter als Passwörter.

Unser Fazit: Digitalisierung ja, aber nur mit sicheren Daten!

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Die zunehmende Digitalisierung kann unser Leben vereinfachen und uns helfen, gesund zu bleiben. Sie kann ärztliche Behandlungen außerdem individueller und präziser gestalten. Das könnte Leben retten oder zumindest die Lebensqualität verbessern.

Doch diese Vorteile kommen nur zum Tragen, wenn die Daten maximal sicher sind. Und wenn es am Ende die Patienten und Patientinnen sind, die über ihre Daten entscheiden. Den Weg dafür hat übrigens das Patienten-Daten-Schutzgesetz geebnet.

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Jeannette Stowasser
HIER SCHREIBT Jeannette Stowasser

Jeannette ist Online-Redakteurin für Gesundheit und schreibt seit 2011 Artikel, E-Books und Whitepaper zu den verschiedensten medizinischen Themen.

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