Mehr als ein Schrittzähler
Und das Textil hat es in sich: An den Körper geschmiegt misst es ohne zusätzliches Gadget oder Brustgurt nicht nur den Kalorienverbrauch und die Herzrate, sondern die Herzratenvariabilität, die Atemfrequenz, Geodaten, die Beschleunigung bis hin zur Regeneration. Dafür sind intelligente Sensoren direkt im QUS-Shirt verarbeitet, die Daten aufzeichnen und in einer Cloud speichern. Nach einem schweißtreibenden Training lässt sich das intelligente Shirt problemlos waschen. Aber nicht nur für Sport-Fans ist das Shirt eine Bereicherung: Auch bei körperlichen oder psychischen Erkrankungen soll es einiges bewegen. Wie das smarte Textil hier helfen kann, erklärt Thomas im Interview.
5 Fragen an Thomas Kanzler, Co-Inventor von QUS Body Connected
ottonova: Thomas, welche Digitalisierungsansätze werden gerade im Bereich Healthcare entwickelt?
Thomas Kanzler: Wie in vielen anderen Bereichen ist auch bei der Gesundheit eine große Menge an Daten verfügbar, deren Qualität immer besser wird. Im Bereich Healthcare wäre technisch gesehen also schon sehr viel möglich. Stark im Trend ist aktuell das Thema künstliche Intelligenz, das sich in Zukunft auch in smarten Sensoren wiederfinden wird. Solche Sensoren finden klassisch im Sportbereich oder auch zur Überwachung von Vitalparametern im klinischen Bereich Anwendung. Genau hier knüpfen auch unsere Lösungen an, das erste waschbare Smart-Textil. Die Messung von Daten erfolgt dabei komplett ohne Gurt oder Verkabelung, sondern direkt über die Sensorik, die im Stoff verarbeitet ist.
Welche Daten lassen sich mit dieser smarten Kleidung messen?
Es können zum einen Daten wie Puls, Atemfrequenz, Herzratenvariabilität und Kalorienverbrauch gemessen werden. Daneben ist es aber auch möglich, Position und Wegstrecke, also Geodaten, zu bestimmen. Viele dieser Daten spielen natürlich im Sportbereich eine Rolle. Man kann aber auch Daten messen, die Auskunft über die mentale Verfassung geben, zum Beispiel bei Patienten mit Autismus. Unsere smarte Kleidung könnte vorab erkennen, ob und wann eine Stresssituation für den Betroffenen ausgelöst wird. Auch Konzepte für den Rehabereich wurden bereits ausgearbeitet, um Patienten auch nach dem Aufenthalt ganzjährig digital betreuen zu können.
Ist für diese Anwendung eine Kooperation mit Kliniken oder Ärzten geplant?
Ja, so etwas ist auf jeden Fall in Planung. Zum einen sind wir gerade dabei, selbst Algorithmen zu entwickeln, die in bestimmten Situationen Handlungsempfehlungen für den Nutzer generieren. Dafür wird in Zukunft auch die eingangs angesprochene künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen. Zum anderen wird natürlich auch die Kommunikation mit Ärzten und Kliniken in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
Wenn meine Kleidung künftig Daten aufzeichnet, welche Bedeutung hat dann der Datenschutz dabei?
Es ist auf klar, dass der Datenschutz eine sehr große Rolle spielt, insbesondere weil hier sehr persönliche Daten von Nutzern gegenüber Dritten zugänglich gemacht werden. Datenschutz ist grundsätzlich sehr wichtig. Allerdings sind die Hürden in Deutschland und anderen europäischen Ländern teilweise schon enorm. In anderen Regionen der Erde, wie den USA oder den Vereinigten Arabischen Emiraten ist der Datenschutz nicht so überreguliert. Damit Datenschutz kein Hemmnis für die Digitalisierung wird, sollten hier sinnvolle Regelungen gefunden werden.
Gibt es noch weitere Hürden für die Digitalisierung im Gesundheitswesen?
Neben regulatorischen Hürden, wie dem Datenschutz oder gesetzlichen Rahmenbedingungen sehe ich auch den Mangel an klar durchdachten Strategien als Problem, der insbesondere bei jungen Start-ups im Healthcare-Bereich zu beobachten ist. Technisch wäre schon viel möglich und tatsächlich wird bereits sehr viel entwickelt. Aber oft machen junge Unternehmen sich viel zu spät darüber Gedanken, wer das entwickelte Produkt überhaupt gebrauchen könnte. Auf der anderen Seite brauchen aber große Unternehmen, die oftmals mehr Überlegungen über ihre Produkte anstellen, sehr lange, um diese zu digitalisieren.