Cyber-physische Systeme: So digital wird die Zukunft!
Die physische und die virtuelle Realität sind bereits dabei, zu verschmelzen. In Zukunft wird es noch viel mehr sogenannte cyber-physische Systeme geben: CPS werden unseren Autos ermöglichen, eigenständig zu fahren, und den Notarzt rufen, wenn das Herz versagt. Was die Systeme außerdem können.
Was sind cyber-physische Systeme?
Ein cyber-physisches System (CPS) ist eine Verbindung einer Software mit mechanischen Bauteilen, die miteinander kommunizieren. Das klingt sehr komplex – und das ist es auch. Denn cyber-physische Systeme verbinden die reale und die virtuelle Welt miteinander und bewältigen dabei enorme Datenmengen. Ohne sie wäre das „Internet der Dinge“ wie etwa Smart Homes undenkbar, denn cyber-physische Systeme sind die dafür notwendige technische Grundlage.
CPS steuern auf intelligente Art und Weise Alltagsgegenstände und sollen unser Leben dadurch einfacher machen. Auch in der Produktion von Gütern werden sie eine Rolle spielen. Werfen wir einen Blick in eine Zukunft, die gar nicht mehr so weit entfernt scheint.
Cyber-physische Systeme: Einsatzgebiete
Cyber-physische Systeme finden Anwendung in verschiedenen Bereichen wie Produktion, Logistik, Mobilität, Energie, Umwelt und Verteidigung. Damit decken sie auch zentrale Themen der Industrie 4.0 ab. In der Fahrzeugfertigung spielen Prozesssteuerungs- und Automatisierungssysteme sowie stationäre oder mobile Roboter (Smart Factory und Smart Production) eine bedeutende Rolle. Ebenso relevant ist der Einsatz von Steuerungssystemen im Bahn-, Flug- und Straßenverkehr. Das Smart Grid verbindet verschiedene Energieanbieter und Systeme, um die Energieversorgung effizienter und effektiver zu gestalten. Vernetzte Systeme zur Umweltbeobachtung und -steuerung überwachen und beeinflussen sowohl künstliche als auch natürliche Systeme, um Risiken wie Erdbeben und Überschwemmungen zu minimieren. Militärische Drohnen, Teil des Unmanned Aerial System, arbeiten ferngesteuert oder (teil-)autonom und sind auf kontinuierliche Informationen aus dem Internet sowie auf hochpräzise Sensoren angewiesen. Diese Drohnen können auch in komplexen Verteidigungssystemen zur Luftüberwachung und Raketenabwehr integriert werden.
3 Beispiele für cyber-physische Systeme
Einfache Varianten Cyber Physical Systems (deutsch: „vernetzte eingebettete Systeme“) gibt es bereits jetzt. Tatsächlich befinden sich aktuell 90 % aller Prozessoren nicht in PCs, sondern in Maschinen. Zum Beispiel an das Antiblockiersystem in deinem Auto. Auch Telefonanlagen und medizinische Geräte werden von Software überwacht. Cyber-physische Systeme der Zukunft werden allerdings noch viel mehr können.
Einige Anwendungsbeispiele cyber-physischer Systeme
1. Schlaue Ampeln
Bereits heute werden Ampeln automatisiert und zentral gesteuert. Möglich wäre jedoch auch, dass jede einzelne Ampel ihren aktuellen Zeitplan automatisch an eine Schnittstelle übermittelt. Dein smartes Auto könnte dann auf diese Daten zugreifen, um seine Geschwindigkeit anzupassen und den Motor beim Halten an einer roten Ampel umweltfreundlich abzuschalten. Außerdem wüsstest du genau, wo mit einer grünen Welle zu rechnen ist und könntest deine Route entsprechend planen. Klingt gut, oder?
2. Intelligente Stromnetze (Smart Grids)
Wer eine Photovoltaikanlage auf seinem Dach hat, ist nicht nur Verbraucher, sondern auch Produzent. Er kann überschüssige Energie ins Stromnetz einspeisen und anderen zur Verfügung stellen. Möglich machen wird das ein spezielles cyber-physisches System, das genau erkennt, wie viel Energie wo generiert und angefordert wird. Diese intelligente Verteilung des Stroms ist eine wichtige Voraussetzung für die Umstellung auf erneuerbare Energie. Sonne und Wind richten sich nicht nach dem aktuellen Bedarf – wenn eine Schönwetterperiode viel Energie einbringt, muss sie so lange gespeichert werden, bis sie gebraucht wird. Energieerzeuger, Speicher und Verbraucher müssen also ständig miteinander kommunizieren. Das erfordert nicht nur Strom-, sondern auch Datenleitungen.
3. Ambient Assisted Living: Komfortabel älter werden
Machen wir eine kleine Zeitreise in das Jahr 2070: Du bist seit ein paar Jahren in Rente und merkst, wie dein Körper abbaut. Natürlich möchtest du möglichst lange in deiner gewohnten Umgebung bleiben und trotz deiner altersbedingten Unzulänglichkeiten in deinem Häuschen im Grünen leben. Das geht, weil dich moderne Technologie unterstützt: Der Herd schaltet sich von selbst aus und ist trotz beginnendem Alzheimer keine Gefahr. Die Rollläden öffnen sich morgens von selbst, Licht und Temperatur werden automatisch so eingestellt, wie du es gerne hättest. Wenn du unterwegs darüber nachdenkst, ob das Bügeleisen wirklich aus ist, kannst du es mit deinem Smartphone überprüfen.
Auf Urlaub musst du nicht verzichten, auch wenn körperliche Aktivitäten immer mühsamer werden. Denn es gibt einen Rollator, mit dem du wandern gehen kannst. Dein digitaler Assistent ist für dich da, wenn es doch schwierig werden sollte, und meldet sich bei Bedarf bei deinem Arzt.
Technologische Grundlagen von cyber-physischen Systemen
Damit ein CPS funktioniert, müssen alle seine Komponenten reibungslos arbeiten. Dazu gehören laut Prof. Anke von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden:
- Sensoren für die Erfassung physikalischer Daten (z.B. Temperatur, Strommenge etc.)
- Aktoren zur Einwirkung auf physikalische Vorgänge (z.B. Abdrehen der Heizung)
- Datenspeicher zur ständigen Auswertung der Informationen
- digitale Netze zur Verbindung mehrerer Geräte und zum weltweiten Datenaustausch
- multimodale Mensch-Maschine-Schnittstellen zur Kommunikation via Sprache oder Gesten (z.B. Abschalten der Heizung beim Klatschen der Hände)
Cyber-physische Systeme in der Medizin: Mehr Hightech, mehr Sicherheit
Die Medizin ist längst hochtechnisiert, vor allem was Gerätschaften in Operationssälen angeht. Die Vernetzung einzelner Ärzte oder die Organisation der Kliniken könnte allerdings digitaler sein. Doch cyber-physische Systeme werden noch viel mehr Veränderungen bringen als nur digitale Rezepte oder E-Patientenakten. Aus „Gesundheit“ wird dann „E-Health“.
Was alles möglich sein wird:
Home-Monitoring-Systeme:
Vitalwerte können automatisch gemessen und an eine Klinik geschickt werden, die bei Abweichung einen Arzt schicken kann. Möglich wären jedoch auch Überwachungskameras, die melden, wenn eine chronisch kranke Person beispielsweise morgens nicht aufsteht.
Medikamenten-Erinnerung:
Ein intelligenter Dosierspender könnte mitzählen, wie oft ein Patient seine Medikamente nimmt. Hat er sein Arzneimittel vergessen, könnte ihn das Gerät daran erinnern.
Intelligente Toilette:
Ernährst du dich gesund? Das könnte dir in Zukunft deine smarte Toilette mitteilen, nachdem sie deinen Stuhl ausgewertet hat!
- Smarte Klinik:
Vernetzte Geräte könnten schon im Rettungswagen wichtige Daten an die Klinik senden, um die Behandlung vorzubereiten. Außerdem könnten Sensoren Verunreinigungen automatisch melden. Auch Skalpelle könnten regelmäßig überprüft werden, um bei Bedarf zur Desinfektion aufzurufen.
Cyber-physisches System: Chance oder Risiko?
Die Vorteile cyber-physischer Systeme liegen auf der Hand: Sie sollen unser Leben leichter machen. Doch sie erhöhen nicht nur den Komfort, sondern können uns auch helfen, Energie zu sparen. Außerdem können sie für Sicherheit sorgen, indem sie unser Haus bewachen, bei Reparaturbedarf eine Nachricht an den Hersteller unseres Autos schicken oder Herzschrittmacher kontrollieren.
Die Unmengen an Daten ermöglichen eine nie dagewesene Kontrolle. Es stellen sich die Fragen:
- Wenn schlaue Geräte alles wissen, wer kontrolliert dann diese Technologien?
- Wie sicher sind die Datenströme und wie leicht fällt es Hackern, sich einzuklinken?
Deshalb spielt bei cyber-physischen Systemen nicht zur Medizintechnik eine Rolle, sondern dazu passende Sicherheitssysteme werden gleich mitentwickelt. Sie sollen Verbraucher beispielsweise warnen, wenn sie sich mit einem System verbinden wollen, das Schwachstellen aufweist. Auch Unternehmen und der Staat müssen Wege finden, all die gesammelten Daten zu schützen. Eine Herausforderung! Allerdings gibt es bereits heute entsprechende Bemühungen, wie das Patienten-Datenschutz-Gesetz zeigt.
Eines scheint sicher zu sein: Die Zukunft wird endlich digital. Wie sie genau aussieht, bestimmen alle mit – als Verbraucher, Unternehmer und als Gesellschaft.
"Früher hießt es: Wissen ist Macht. Heute könnte man auch sagen: Daten sind Macht. Das unendlich komplexe Wissen, das sie speichern, muss wohl verwahrt werden"
Deshalb spielt bei cyber-physischen Systemen nicht nur Medizintechnik eine Rolle, sondern dazu passende Sicherheitssysteme werden gleich mitentwickelt. Sie sollen Verbraucher beispielsweise warnen, wenn sie sich mit einem System verbinden wollen, das Schwachstellen aufweist. Auch Unternehmen und der Staat müssen Wege finden, all die gesammelten Daten zu schützen. Eine Herausforderung! Allerdings gibt es bereits heute entsprechende Bemühungen, wie das Patienten-Datenschutz-Gesetz zeigt.
Eines scheint sicher zu sein: Die Zukunft wird endlich digital. Wie sie genau aussieht, bestimmen alle mit – als Verbraucher, Unternehmer und als Gesellschaft.
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Jeannette Stowasser
Jeannette ist Online-Redakteurin für Gesundheit und schreibt seit 2011 Artikel, E-Books und Whitepaper zu den verschiedensten medizinischen Themen.