Per App Krankheiten erkennen: Wie funktioniert das?
Ist es nur ein Schnupfen oder doch Corona? Verschiedene Apps helfen dir dabei, Krankheiten zu erkennen und so möglichst schnell eine geeignete Behandlung zu beginnen. In welchen Fällen das Smartphone zur Diagnosestellung eingesetzt werden kann und was du dabei beachten solltest, liest du hier.
Inhalt des Ratgebers
Diagnose-Apps: Digitale Helfer für Gesundheitsfragen – doch der Arzt bleibt unverzichtbar
Corona, Hautkrebs, Depressionen: Inzwischen gibt es zahlreiche Apps, die Krankheiten relativ zuverlässig erkennen können. In der Regel musst du dafür einige Fragen zu deinem Gesundheitszustand beantworten und bekommst dann per Smartphone mögliche Diagnosen und Handlungsempfehlungen präsentiert. Doch auch wenn die Künstliche Intelligenz immer cleverer wird: Im Ernstfall solltest du dich stets an einen Arzt oder eine Ärztin aus Fleisch und Blut wenden.
Apps auf Rezept: Digitale Unterstützung für deine Gesundheit
Moderne Smartphones sind die Schweizer Taschenmesser unserer Zeit. Sie vereinen so viele praktische Funktionen in sich, dass sie aus unserem Alltag längst nicht mehr wegzudenken sind. Inzwischen erledigen wir nicht nur unsere Einkäufe, sondern auch unsere Bankgeschäfte und sogar die Steuererklärung ganz selbstverständlich per Handy. Doch was ist mit unserer Gesundheit? Welche Apps können Krankheiten frühzeitig erkennen? Wie empfehlenswert sind solche Diagnose-Apps und können sie den Besuch in der Arztpraxis wirklich ersetzen?
Um diese Fragen zu beantworten, ist es wichtig, zwischen reinen Wellness-Apps und medizinischen Apps zu unterscheiden. In den Bereich Wellness und Lifestyle fallen beispielsweise die beliebten Fitnesstracker und Schrittzähler: Sie regen dich zu einem gesunden Lebensstil an und helfen dabei, deine sportlichen Erfolge zu überwachen. Im Gegensatz dazu gelten medizinische Apps als digitale Arzneimittel, die sich in wissenschaftlichen Studien als sicher und wirksam erweisen müssen. Du kannst sie zum Beispiel dazu nutzen, um Symptome zu checken und dein Risiko für bestimmte Krankheiten wie Hautkrebs zu ermitteln. Darüber hinaus können Sensoren in deiner Smartwatch Infos über deinen Herzschlag sammeln und mithilfe einer App vor einem gefährlichen Vorhofflimmern warnen.
Gewusst?
Seit 2020 gibt’s bestimmte Gesundheits-Apps beim Arzt auf Rezept – manche sind sogar verschreibungspflichtig. Die Kosten übernimmt dann die gesetzliche Krankenkasse bzw. sie werden von der privaten Krankenversicherung erstattet.
1. Ada Health: Krankheit finden nach Symptomen
Du bist auf der Suche nach einer App, die Krankheiten erkennt? Eine der bekanntesten und beliebtesten kostenlosen Diagnose-Apps ist Ada. Die Smartphone-Anwendung wurde vom Berliner Start-up Ada Health entwickelt und ist in der Europäischen Union als Medizinprodukt der Klasse I registriert. Die Benutzung ist easy: Ada stellt dir einige einfache Fragen zu deinen Beschwerden, um dein Gesundheitsproblem einzugrenzen – ähnlich wie ein Arzt bei seiner Anamnese. Anhand deiner Antworten führt eine KI dann eine Analyse durch und liefert mögliche Ursachen für deine Krankheitssymptome. Dazu gibt’s eine Empfehlung, ob du einen medizinischen Expert oder Expertin aus Fleisch und Blut aufsuchen solltest.
Ada wirbt damit, von Ärzten so entwickelt worden zu sein, dass die Anwendung wie ein Arzt denkt. Tatsächlich bietet dir Ada eine bequeme, orts- und zeitunabhängige Möglichkeit, Symptome einzugeben und analysieren zu lassen. Das ist vor allem für diejenigen praktisch, die erst einmal eine allgemeine Einschätzung möchten, um zu entscheiden, ob ein Arztbesuch überhaupt nötig ist.
Doch die App ist zuletzt massiv in die Kritik geraten:
Die Zusammenarbeit der Entwickler mit Unternehmen wie Facebook und Bayer sowie Mängel beim Datenschutz brachten Ada negative Schlagzeilen ein. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, warnte sogar ausdrücklich vor Apps wie Ada: „Was passiert denn beispielsweise, wenn Patienten wegen einer Fehldiagnose der App nicht zum Arzt gehen?“ Für ihn ist eine KI ungeeignet, um eine Krankheit zu diagnostizieren. „Der persönliche Kontakt, die Kenntnis des sozialen Umfeldes des Patienten sowie eine ärztliche Untersuchung unter Zuhilfenahme aller Sinne sind einfach unerlässlich. Sehen, fühlen, riechen und hören können nun einmal nicht durch ein paar Klicks auf einem Smartphone ersetzt werden“, schrieb er in einem Rundbrief an die Mitglieder seines Verbands.
2. Covid-19 Symptome erkennen: Ersteinschätzung per App
Während der Covid-19-Pandemie ist die Nachfrage nach digitalen medizinischen Angeboten stark angestiegen. Videosprechstunden und telefonische Beratungen haben es Patienten ermöglicht, unnötige Arztbesuche vermeiden – und damit das Risiko für eine Corona-Infektion zu reduzieren. Allein zwischen März und Juni 2020 wurden in Deutschland 1,2 Millionen Videosprechstunden abgehalten. Im Vorjahreszeitraum waren es gerade einmal 583, berichtet die Ärztezeitung. Dieser sprunghafte Anstieg zeigt, wie wichtig das Thema E-Health innerhalb kürzester Zeit geworden ist.
Gut zu wissen:
Ob du dich mit dem Coronavirus angesteckt hast, kann nur ein entsprechender Test mit der erforderlichen Genauigkeit ans Licht bringen. Eine erste Einschätzung ermöglicht jedoch beispielsweise die CovApp der Berliner Charité. Prof. Dr. Ulrich Frei, Vorstand der Abteilung Krankenversorgung in der Charité, sagte dazu: „Aufgrund der hohen Nachfrage in unserer Charité-Untersuchungsstelle ist es umso wichtiger, Menschen, deren Symptome nicht auf SARS-CoV-2 hindeuten, in der Untersuchungsstelle nicht zu gefährden und andersherum Patienten, die dringend eine Testung brauchen, schnellstmöglich abstreichen zu können.“
Die browserbasierte App enthält einen Fragebogen, in den du mögliche Corona-Symptome eintragen kannst. Anschließend bekommst du eine Handlungsempfehlung – etwa, ob du einen Arzt aufsuchen solltest.
3. Hautkrebs erkennen: Neue Google-App kommt
Vor kurzem hat Google auf seiner Entwicklerkonferenz I/O das neue Tool „Derm Assist“ angekündigt. Die Gesundheits-App soll mithilfe einer Künstlichen Intelligenz krankhafte Hautveränderungen entdecken und dadurch einen wertvollen Beitrag zur Krebsfrüherkennung leisten.
Und so funktioniert's:
Die User beantworten einige Fragen zu ihrem Hauttyp und den Symptomen und machen Fotos aus verschiedenen Perspektiven von der betroffenen Hautpartie. Die KI gleicht diese Informationen dann mit 288 Krankheiten ab, listet mögliche Diagnosen auf und liefert weiterführende Links. Bis Ende des Jahres soll „Derm Assist“ einsatzbereit sein. In der EU ist das Tool bereits als medizinisches Equipment zertifiziert.
Was bereits vor Launch kritisiert wurde:
Obwohl die neue Google App noch nicht einmal auf dem Markt ist, wurde bereits Kritik laut. Denn offenbar wurde die KI bisher für die Erkennung von Hautkrankheiten bei dunkleren Hauttypen nicht oder ungenügend trainiert. Hier sollte also unbedingt nachgebessert werden, wenn Google den Vorwurf des „Racial Bias“ entkräften möchte. Zudem löst die App ein grundsätzliches Problem nicht: Viele Menschen, insbesondere Kassenpatienten, müssen lange auf einen Facharzttermin warten. Wenn die App also Symptome erkennt, die auf eine bösartige Hautveränderung hindeuten, heißt das noch lange nicht, dass Betroffene zeitnah einen Dermatologen aufsuchen können, um eine Therapie zu beginnen.
4. Therapie-Apps: Erste Hilfe bei Depressionen und Suchterkrankungen
Nicht nur beim Hautarzt müssen Patienten unter Umständen lange auf einen Termin warten. Auch Psychiater:innen, Psycholog:innnen und Psychotherapeut:innen sind oft monatelang im Voraus ausgebucht – oder nehmen grundsätzlich keine neuen Patient:innen an. Da ist es nicht überraschend, dass es auch im Bereich der psychischen und psychosomatischen Krankheiten immer mehr unterstützende Apps gibt.
Verschiedene digitale Anwendungen zur Therapie von Suchterkrankungen, Schlafstörungen und Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern sind in den USA bereits im Einsatz und werden womöglich bald auch in der EU als Medizinprodukte zugelassen. Tagebuch-Apps wie Arya helfen Depressiven schon jetzt dabei, ihre Stimmungen festzuhalten und so rechtzeitig zu erkennen, wenn eine depressive Episode droht.
Du möchtest wissen, wie die digitale Revolution das deutsche Gesundheitswesen umkrempelt? Im ottonova Magazin findest du jede Menge spannende Beiträge zum Thema Telemedizin und E-Health. Wir verraten dir zum Beispiel, wie sich Kopfschmerzen digital therapieren lassen, wie du deine Herzgesundheit per App fördern kannst und wo es den digitalen Corona-Impfpass gibt.
HIER SCHREIBTNatalie Decker
Natalie arbeitet seit 15 Jahren als Redakteurin. Neben Lifestyle-Themen wie Kochen und Reisen gehören Medizin & Gesundheit zu ihren Schwerpunkten. Sie schreibt unter anderem für das Online-Portal gesund-vital.de und den Ratgeber-Verlag Gräfe und Unzer.